Ausgabe 10/2011
Vom Minijob in die Altersarmut
Dr. Cornelia Heintze, Leipzig
Zu einer gemeinsamen Fachtagung unter dem Titel "Minijob war gestern - Frauen verdienen mehr!" hatten der Landesfrauenbeirat und ver.di Rheinland-Pfalz eingeladen. "Gerade rechtzeitig", so die Rheinland-Pfälzische Frauenministerin Irene Alt (Bündnis 90 / Die Grünen). Allein in Rheinland-Pfalz sind über 200.000 Frauen auf einen Minijob als alleinige Verdienstquelle angewiesen. Erwerbstätigkeit aber sollte eine Lebensgrundlage ohne Abhängigkeiten und Existenzsorgen sichern. Auch sind Minijobs nach wie vor keine Brücke in die Normalbeschäftigung, sondern eine Rutsche in die Altersarmut.
Dorothea Voss-Dahm von der Uni Duisburg bestätigte: "Minijobs sind noch nicht mal ein Fuß in der Tür zum Arbeitsmarkt." In manchen Branchen, vor allem in der privaten Dienstleistung, gebe es eine Dominanz der Minijobs, sodass man von einer tatsächlichen Wahlfreiheit nicht mehr sprechen könne. Jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis sei ein Minijob und die überwiegende Zahl sei von Frauen besetzt. Minijobs müssten als eine wesentliche Ursache von Altersarmut angesehen werden. Denn: Zum einen werden durch die kurzen Arbeitszeiten wenig Rentenansprüche erwirtschaftet, zum anderen werden in Minijobs in der Regel niedrigere Stundenlöhne gezahlt als bei Vollzeitarbeit.
EU-Vergleich beschämend
Frauen aus dem Publikum bestätigten diese Praxis: "Es ist noch schlimmer. Aus Angst gehen viele Minijobberinnen noch nicht einmal in den Urlaub und machen die ihnen zustehende Lohnfortzahlung geltend." Als negatives Beispiel gilt besonders der Einzelhandel. Obwohl durchweg ein guter Ausbildungsstand vorhanden ist und Tarifgeltung bestehe, sei die Branche mittlerweile ein gigantischer Niedriglohnbereich, weil die Arbeitgeber das Niveau teilweise rechtswidrig nach unten gedrückt haben.
Dr. Cornelia Heintze, Leipzig, stellte die Situation im europäischen Vergleich dar. Ihrer Meinung nach zeigt sich dabei, welche positive Wirkung der Öffentliche Dienst haben kann. Länder mit starken, finanziell gut ausgestatteten öffentlichen Sektoren würden als gutes Beispiel die Beschäftigungsbedingungen auch von Teilzeitkräften positiv beeinflussen. So sei es kein unabwendbares Schicksal, dass Frauen in Teilzeit niedrigere Stundenlöhne hätten als in Vollzeit. In Dänemark zum Beispiel sei es umgekehrt. Dort würden Frauen in kleiner Teilzeit für ihre geringen Verdienstmöglichkeiten mit höheren Stundenlöhnen abgefunden.
Das Fazit für die Veranstalterinnen zogen Gisela Bill vom Landesfrauenbeirat und Pia Müller von ver.di Rheinland-Pfalz: Frauen brauchen endlich Zugang zu eigenständiger sozialer Sicherung in jeder geleisteten Arbeitsstunde. Es könne nicht angehen, dass Arbeitgeber die aus der Ehe abgeleitete soziale Sicherung von Frauen zunehmend als Lohnsubvention in Anspruch nehmen. Die Landesregierung wurde aufgefordert, vermehrt und engagiert Initiativen zu einer Modernisierung des Beschäftigungssystems auf den Weg zu bringen. Jürgen Dehnert