Für Minijobber*innen bedeutet jede Mindestlohnerhöhung kürzere monatliche Arbeitszeiten. Denn durch die Erhöhung des Stundenlohns könnte die Beschäftigung sonst sozialversicherungspflichtig werden. Doch nun soll im Zuge der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro die Verdienstobergrenze für Minijobs angehoben werden. Geplant ist eine Erhöhung von derzeit 450 Euro auf 520 Euro im Monat. Das geht gar nicht, denn es konterkariert die positiven Folgen der Mindestlohnanhebung!

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Karin Schwendler ist Leiterin des Bereichs Frauen- und Gleichstellungspolitik bei ver.diFoto: ver.di

Dieser Beschluss der Regierungskoalition verfestigt geringfügig entlohnte und sozial prekäre Beschäftigung und treibt vor allem Frauen in ungewollte finanzielle Abhängigkeiten und Altersarmut. Bundesweit gibt es derzeit etwa sieben Millionen Beschäftigte, die einen Minijob haben. Rund 70 Prozent der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten sind Frauen.

Trotz wissenschaftlich belegter negativer Effekte des Minijob-Modells werden damit sozialpolitische Fehler der Vergangenheit fortgeschrieben. Die Chance auf eine Reform, die existenzsichernde Arbeit fördert, wird damit verpasst, obwohl doch gerade die Corona-Krise gezeigt hat, wie wichtig es ist, Arbeitsverhältnisse stabil und sozial abgesichert zu gestalten. Die Pandemie traf die geringfügig Beschäftigten besonders hart, da sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen wie Kurzarbeitergeld, Krankengeld oder Arbeitslosengeld haben.

Die Beschäftigten stecken oftmals in dieser "Teilzeit-Falle" fest, weil die vermeintlich vorteilhaften Minijob-Regelungen sie daran hindern, die Arbeitszeit auszuweiten. Manche Geschäftsmodelle funktionieren nur, weil Unternehmen Minijobs zu ihrem Vorteil nutzen. So verdrängen diese aktuell rund 500.000 reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Und die Ausfälle in den Kassen, zum Beispiel der Rentenversicherung, durch die Ausweitung liegt in dreistelliger Millionenhöhe.