Ausgabe 11/2011
Not schweißt zusammen
Am 9. Februar 2011 hat der Leipziger Stadtrat einen folgenschweren Beschluss gefasst: Für die Töchter HLkomm und perdata der Stadtwerke Leipzig (SWL) wurden Bieterverfahren eingeleitet, um 49,9 Prozent ihrer Anteile zu verkaufen. Die HLkomm bietet Telekommunikationsdienstleistungen an, die perdata ist in der IT-Branche tätig. Beide Gesellschaften führen schon seit vielen Jahren Gewinne an die Stadtwerke ab, die damit mittelbar den öffentlichen Personennahverkehr in Leipzig finanziert.
Nun soll der anteilige Verkauf die städtische Versorgungs- und Verkehrsholding finanziell sanieren helfen und damit den städtischen Haushalt entlasten. "Wir haben als Betriebsrat gemeinsam mit den Beschäftigten sofort den Kampf gegen diese Privatisierungspläne aufgenommen. Wir haben zwei Buchstaben unseres Logos auf unserem Firmensitz verhüllt, um unserem Protest erst einmal ein Bild zu geben", berichtet Mathias Zoschke, Vorsitzender des Betriebsrates. "Aber genauso wichtig ist, endlich zu in Tarifverträgen geregelten Arbeitsbedingungen zu kommen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Arbeitsplätze hier in Leipzig gesichert werden."
Die Hälfte organisiert
Im Februar 2011 gab es sage und schreibe ein einziges ver.di-Mitglied in der HLkomm. Nach einigen Gesprächen und Versammlungen hat sich bei vielen Beschäftigten die Erkenntnis durchgesetzt, dass Tarifverträge am besten die eigenen Interessen sichern.
Anfangs zögerlich, dann immer beherzter, wurde die ver.di-Mitgliedschaft diskutiert. Heute sind über 50 Prozent der 106 Beschäftigten ver.di-Mitglied. Ein Novum in dieser Branche.
Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um die Strategie der "bedingungsgebundenen Tarifarbeit" umzusetzen. Die nächsten Schritte - Bildung einer Tarifkommission, Forderungen und Verhandlungen - führten Ende September zu einem ersten Teilerfolg. Mit dem Abschluss des Beschäftigungssicherungstarifvertrages sind für drei Jahre betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen und Versetzungen nur am jetzigen Arbeitsort möglich.
"Für weitere zwei Jahre sind betriebsbedingte Kündigungen unmöglich, allerdings sind Versetzungen mit bis zu 120 Kilometer Wegstrecke eingeräumt worden", berichtet Sebastian Viecenz, zuständiger Fachbereichssekretär im Bezirk Leipzig/Nordsachsen über die getroffenen Vereinbarungen. Nun werden die Verhandlungen weitergeführt. Denn auch die bisher nur in Einzelverträgen geregelten Entgelt- und sonstigen Arbeitsbedingungen sollen nun in Tarifverträge gegossen werden.
Sag Ja zu Nein!
Aber der beste Beschäftigungssicherungstarifvertrag ist der, der nicht benötigt wird. Und zwar deshalb, weil das Unternehmen nicht verkauft wird. Deshalb heißt es weiterhin:
Nein zu Privatisierungen!
Ja zum hundertprozentigen Erhalt der HLkomm und der perdata in kommunaler Hand!
Ines Jahn