HEIKE LANGENBERG ist Redakteurin der ver.di PUBLIK

Kaum gilt in der Leiharbeitsbranche ein Mindestlohn, haben die Arbeitgeber einen Weg gefunden, ihn zu umgehen. Und zwar via Werkvertrag: Beschäftigte von eigens gegründeten Firmen - oft Ableger von Leiharbeitsfirmen - erledigen bestimmte Aufgaben, sogenannte Werke. Im Einzelhandel sind das oftmals abzuräumende Paletten. Mit den Waren füllen die Beschäftigten der Werkvertragsfirma die Regale auf. Das ist legal, solange sie ihre Arbeitsanweisungen von ihrem Arbeitgeber bekommen und nicht von dessen Auftraggeber im Einzelhandel etwa. Der Clou: Der Stundenlohn für die unter Werkvertrag Tätigen beträgt nur rund die Hälfte dessen, was der Tarifvertrag im Einzelhandel für diese Arbeit vorsieht. Behilflich dabei ist eine sogenannte christliche Gewerkschaft. Sie hat einen Tarifvertrag für die Werkvertragsfirmen unterschrieben.

Es ist ein perfides Spiel, das die Auftraggeber da treiben. Nach außen können sie sich als Unternehmen präsentieren, das sich an tarifliche soziale Standards hält. Die über eine Werkvertragsfirma Beschäftigten geraten nur selten ins Blickfeld. Ihre Arbeit findet meist im Verborgenen statt, zu einer Zeit, in der die Läden noch nicht geöffnet sind. Auch Betriebsräte bekommen selten einen Einblick in die Arbeitsbedingungen, denn Werkverträge sind als Sachkosten nicht mitbestimmungspflichtig.

Und die Politik sieht noch nicht einmal Handlungsbedarf. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat vor einiger Zeit mitgeteilt, dass sie das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht ändern wolle, um gegen Werkverträge vorzugehen. Dass es sich dabei um einen Weg des Lohndumpings handelt, wird dabei offenbar gerne übersehen.

Das Beispiel zeigt, dass die Arbeitgeber jeden nur möglichen Weg nutzen, um Löhne zu drücken. Strengere gesetzliche Vorgaben und ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn sind nötig, um ihnen Einhalt zu gebieten. Doch das Beispiel zeigt auch, dass die derzeit amtierende Bundesregierung daran keinerlei Interesse hat.