Ausgabe 02/2012
Billigjobs wegfegen - gegen prekäre Arbeit
Allein in Baden-Württemberg arbeitet jeder vierte Mensch in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Die Vollzeitarbeitsverhältnisse wurden dramatisch abgebaut. In keinem Industrieland neben Deutschland sind die prekären Beschäftigungsverhältnisse so stark ausgeweitet worden. Wie ein Krebsgeschwür wachsen Leiharbeit, befristete Arbeit, 1-Euro-Jobs, Scheinselbstständigkeit oder auch die unfreiwillige Teilzeitarbeit. Millionen von Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben, weil sie in den Niedriglohnbereich gefallen sind.
Gegen diese prekären, also unsicheren Arbeitsverhältnisse startet der ver.di-Bezirk Stuttgart eine Kampagne. Ziel ist es, die prekäre Arbeit in den Betrieben unseres Organisationsbereiches zurückzudrängen. Dazu sollen in möglichst vielen Betrieben Kampagnen und Aktionen gestartet werden. Das kann in einem Betrieb das Zurückdrängen befristeter Arbeitsverhältnisse sein, im anderen muss die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze erhöht werden. Andere Betriebe sind tariflich nicht gebunden, und wir müssen erkämpfen, dass sie unter den Tarifvertrag fallen. Strukturelle Unterbeschäftigung nimmt zu, also Teilzeitarbeitsverhältnisse mit wenig garantierten Stunden. Hier kann ein wichtiges Ziel sein, die Arbeitsverhältnisse zu regulieren, mehr Kolleginnen und Kollegen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu bringen.
Natürlich wissen wir auch, dass die prekäre Beschäftigung seit der Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt mit der Agenda 2010 dramatisch zugenommen hat. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder ist noch heute stolz darauf, dass wir in Deutschland den "besten" Niedriglohnbereich haben. Es ist schon sehr fragwürdig, wenn ein Politiker darauf stolz ist, dass Millionen Menschen trotz Arbeit arm sind. Etwa neun Millionen Beschäftigte arbeiten bundesweit in atypischen Arbeitsverhältnissen. Deshalb wollen wir bei unseren betrieblichen Aktivitäten immer eine Brücke zur Tarif- und Gesellschaftspolitik herstellen. Dazu gehört auch das tarifliche Zurückdrängen der Leiharbeit beziehungsweise die gleiche Bezahlung für Leiharbeiter/innen.
Erfolgreich klagen gegen schlechte Bedingungen
Verschiedene Aktionen wurden bereits gestartet. So kämpfen die Beschäftigten bei H&M für mehr Personal und weniger Befristungen. Bei UPS in Ditzingen haben 37 Kollegen mit Unterstützung von ver.di erfolgreich gegen die Halbierung ihrer Arbeitszeit geklagt. Bei der Universität in Stuttgart konnte vor dem Verwaltungsgericht ein juristisch wichtiger Vergleich erzielt werden, wonach dem Personalrat jetzt klare Mitbestimmungsrechte bei der Einstellung von befristetet Beschäftigten eingeräumt werden müssen.
Mit unserem Projekt und unserer Kampagne wollen wir diese Aktivitäten befördern und auch Aktionen gegen prekäre Beschäftigung immer wieder bündeln. So gibt es im Rahmen des MitMachProgramms eine Veranstaltungsreihe auch mit arbeitsrechtlichen Informationsabenden. Für das erste Halbjahr ist eine Betriebs- und Personalrätekonferenz geplant, und die erste Ausgabe einer Zeitung PreKehrWochen ist gerade erschienen. Sie richtet sich in erster Linie an Betriebsräte, Vertrauensleute und aktive Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.