Abgelehnt haben die Schweizer/innen am 11. März die Volksintiative "6 Wochen Ferien für alle". Nur 33 Prozent sprachen sich dafür aus. Der gesetzliche Urlaubsanspruch liegt in der Schweiz bei vier Wochen, allerdings gibt es viele sozialpartnerschaftliche Regelungen, die darüber hinaus gehen.

"Das Nein der Stimmberechtigten ist vielmehr ein Auftrag an die Sozialpartner, gemeinsame Lösungen zu finden, wie der zunehmende Druck auf die Arbeitnehmenden und die Beschleunigung in den Arbeitsprozessen abgebaut werden können", heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Die Arbeitgeber hatten während der Kampagne immer wieder beteuert, dass sie deren Grundanliegen, mehr Erholungszeit für Arbeitnehmer/innen, teilen. Allerdings wollten sie staatliche Regelungen vermeiden.

Das wollen der SGB und seine Mitgliedsgewerkschaften jetzt in den nächsten Tarifverhandlungen mit Nachdruck einfordern.

Mehr Erfolg verspricht das Vorhaben des SGB, per Volksinitiative Mindestlöhne in der Verfassung verankern zu lassen. Nach einer repräsentativen Umfrage befürworten das zurzeit rund 85 Prozent der Schweizer/innen. Bis es zu der Abstimmung kommt, werden noch zirka drei Jahre vergehen. Anfang dieses Jahres hat der SGB gemeinsam mit seinen Verbänden und Partnerorganisationen mehr als 111.000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht. Damit ist der Weg zur Abstimmung frei. "Jetzt kann das Schweizer Volk selber Maßnahmen zur Förderung von Gesamtarbeitsverträgen sowie gegen Lohndumping und Tieflöhne beschließen", heißt es dazu in einer Pressemitteilung des SGB.

Stimmen die Schweizer/innen der Änderung zu, haben Bund und Kantone den Auftrag, "Maßnahmen zum Schutz der Löhne zu treffen". Das soll über die Förderung von Mindestlöhnen in Gesamtarbeitsverträgen (in Deutschland sind das die Tarifverträge) und über einen nationalen gesetzlichen Mindestlohn geschehen. Ausgegangen wird für 2011 von einem Mindestlohn in Höhe von 22 Franken pro Stunde, umgerechnet 18,21 Euro, der jährlich angepasst werden soll. Gleichzeitig können die Kantone regional höhere Mindestlöhne festlegen.

Tarifschutz allein reicht nicht

Rund die Hälfte der Arbeitnehmer/innen in der Schweiz ist von Gesamtarbeitsverträgen geschützt. Allerdings profitieren nur drei Viertel dieser Arbeitnehmer/innen von darin vereinbarten Mindestlöhnen. Betrachtet man alle Beschäftigten, sind rund 60 Prozent der Lohnabhängigen nicht durch Mindestlöhne abgesichert. Insgesamt beziffert der SGB die Zahl derjenigen, die weniger als 22 Franken pro Stunde verdienen, mit rund 400.000 Beschäftigten. Besonders betroffen von fehlenden Mindestlöhnen sind Arbeitnehmer/innen in den Branchen Persönliche Dienstleistungen, Beschäftigte in Privathaushalten, Landwirtschaft sowie Gastgewerbe.

Paul Rechsteiner, Präsident des SGB, betonte bei der Überreichung der Unterschriften, dass Mindestlöhne das stärkste Mittel seien, um bessere Löhne für alle zu erreichen. Hohe und höchste Löhne seien in der Schweiz in den vergangenen zehn bis 15 Jahren geradezu explodiert. Jetzt sei es an der Zeit, dass auch die unteren und mittleren Einkommen steigen. Die Forderung nach 22 Franken pro Stunde orientiert sich an einem Existenzminimum von 3800 Franken, ungerechnet rund 3150 Euro. Bezogen auf eine Vollzeitstelle mit 40 Wochenstunden könnte der Betrag mit 22 Franken pro Stunde erreicht werden. hla

www.mindestlohn-initiative.ch