Der Bundesarbeitsministerium legt einen Referentenentwurf zum "Lebensleistungsanerkennungsgesetz" vor. Doch wer im Alter wenig hat, wird damit nicht unbedingt mehr bekommen

Niedrige Renten sind auch die Folge von prekärer Arbeit, Minijobs und Arbeitslosigkeit

Nach heutigem Stand hat jemand, der 45 Jahre lang in einem Minijob gearbeitet hat, Anspruch auf eine Altersrente von 139,95 Euro. Selbst wenn der- oder diejenige den pauschalen Arbeitgeberbeitrag aufstockt, steigt der Rentenanspruch nicht über 182,70 Euro. Das hat das Bundesarbeitsministerium ausgerechnet. Bedrohliche Zukunftsaussichten für sehr viele, denn aktuell arbeiten 7,4 Millionen Menschen in einem Minijob. Knapp zwei Drittel von ihnen sind Frauen, von denen wiederum zwei Drittel diesen Minijob als einzige Einnahmequelle haben.

Die Bundesarbeitsministerin spricht jedoch davon, dass es eine Ausnahme sei, dass Frauen ihr Leben lang nur einen Minijob haben. Fakt ist aber, dass viele Frauen lange Zeiten für Familienarbeit in ihrem Lebenslauf haben, in denen sie gar kein Einkommen beziehen. Danach steigen sie meist mit einem Minijob wieder ins Berufsleben ein. Jetzt hat das Bundesarbeitsministerium den Referentenentwurf des Lebensleistungsanerkennungsgesetzes vorgelegt, mit dem es die Altersarmut bekämpfen will. In dem Entwurf taucht das Wort Armut nicht auf. "Stattdessen geht es um die Anerkennung der Lebensleistung kleiner, ausgewählter Personengruppen", heißt es in einer Stellungnahme des ver.di-Bereichs Sozialpolitik.

Kern des Gesetzes ist die Zuschussrente (siehe ver.di PUBLIK 10_2011). Wer einen Rentenanspruch von weniger als 850 Euro hat und weitere Voraussetzungen bei der Zahl der Versicherungs- und Beitragsjahre erfüllt sowie eine zusätzliche private Altersvorsorge hat, bekommt seine Rente auf 850 Euro brutto aufgestockt. Zu den Beitragsjahren zählen Zeiten aus Beschäftigung, Kindererziehung, Pflege, Wehr-, Zivil- und Freiwilligendienst, aber nicht in einem Minijob. Ausnahme: Der/die Minijobbende hat den pauschalen Rentenversicherungsbeitrag selbst aufgestockt. Auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I oder II zählen nicht dazu.

"Die Hürden sind zu hoch", sagt Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozialpolitik beim ver.di-Bundesvorstand. Weil diese Zeiten nicht zu den Beitragsjahren zählen, seien die Zugangsbedingungen für die Zuschussrente für viele unerfüllbar. Außerdem setze die Zuschussrente falsche Anreize für Frauen. Sie würde auch die von ver.di geforderte existenzsichernde und sozial abgesicherte (Vollzeit-)Erwerbsarbeit nicht fördern, weil die Zuschussrente auch dann bezogen werden könne, wenn Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten mit einer kleinen Beschäftigung zusammentreffen.

Hinzu komme die private Altersvorsorge, die sich Geringverdienende ohnehin kaum leisten können. Sie muss möglichst umgehend abgeschlossen werden, um die für die Zuschussrente erforderlichen Versicherungsjahre erreichen zu können. Kerschbaumer forderte die Bundesarbeitsministerin auf, den Entwurf kräftig nachzubessern.

Nach dem Referentenentwurf wird es auch einfacher, Arbeit und Rente zu kombinieren. Bis zu einer Obergrenze des Bruttodurchschnittseinkommens der letzten 15 Jahre sollen Rente und Lohn stufenlos miteinander kombiniert werden können. Hinzu kommen kleine Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten. Bis Mai sollen noch Eckpunkte einer "Altersvorsorgeverpflichtung für Selbstständige mit freier Wahl des Vorsorgeweges" vorgelegt werden. Eine Bewertung des Entwurfs aus ver.di-Sicht findet sich in der neuesten Ausgabe von "sopoaktuell". Sie kann heruntergeladen werden unter

http://sozialpolitik.verdi.de/publikationen/sopoaktuell/2012