Immer mehr Menschen über 65 arbeiten im Minijob

Heike Langenberg ist Redakteurin der ver.di publik

Über 900.000 Rentner/innen waren im März dieses Jahres in einem Minijob auf dem Arbeitsmarkt aktiv, rund 370.000 mehr als noch 2003. Diese Zahl hat die Bundesagentur für Arbeit der Abgeordneten Sabine Zimmermann genannt, die für die Linkspartei im Bundestag sitzt. Für Wirtschaftsvertreter war das eine positive Nachricht, zeige sie doch, wie fit die Rentner/innen heutzutage noch seien. "Viele Rentner möchten einfach noch weiter arbeiten", sagt zum Beispiel der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossart. Er ist sich sicher: "Das hat mit Altersarmut nichts zu tun."

Das passt prima zu einem Vorschlag von Wolfgang Steiger. Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats hat Ende Oktober erneut gefordert, das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre zu erhöhen - und er ist längst nicht der einzige, der Anreize schaffen will, damit noch länger gearbeitet werden kann. 900.000 angeblich arbeitswütige Rentner/innen machen es ja schließlich vor. Das ist auch der Tenor vieler Kommentare, die vor dem Hintergrund der von der Bundesagentur für Arbeit genannten Zahlen in verschiedenen Medien erschienen sind.

Das ist einfach nur zynisch. Das Rentenniveau sinkt politisch gewollt seit Jahren, die Altersarmut steigt. Beschäftigte müssen immer länger arbeiten, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erreichen. Brauchte ein Durchschnittsverdiener dazu beim Renteneintritt vor drei Jahren noch 27,4 Jahre, werden es 2030 schon 31,5 Jahre sein. Dabei sind geringe Löhne sowie Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit und Familienzeiten nicht berücksichtigt, sonst summieren sich die benötigten Jahre schnell deutlich höher. Für eine Rente auf Grundsicherungsniveau wohlgemerkt. Das liegt aktuell bei 773 Euro. Wer jetzt davon redet, dass über 900.000 Rentner/innen vor allen Dingen deswegen arbeiten gehen, weil es ihnen zu Hause auf dem Sofa zu langweilig ist, der hat den Bezug zur Realität komplett verloren.