In Hamburg kümmern sich Senat und ver.di gemeinsam um ein Zukunftskonzept für die Beschäftigten

Am Internationalen Frauentag

"Die Schlecker-Frauen dürfen nicht in die Arbeitslosigkeit fallen. Auch die Behörden und Bundesländer müssen dazu beitragen, Zukunftskonzepte für die Firma und Auffanglösungen für die Beschäftigten zu ermöglichen", so reagierte ver.di-Landesleiter Wolfgang Rose, als die Botschaft von der beabsichtigten Schließung jeder zweiten Schlecker-Filiale bundesweit Ende Februar die Runde machte. Schnell war der Kontakt zum zuständigen Hamburger Arbeitssenator Detlef Scheele (SPD), hergestellt. In einer Gesprächsrunde zwischen dem Senator, Schlecker-Betriebsrätinnen und Vertretern von ver.di, wurden am 8. März konkrete Verabredungen zum weiteren Vorgehen für Hamburg getroffen:

  • Bei der Agentur für Arbeit in Hamburg wird die Vermittlung der arbeitslos gewordenen Schleckerfrauen vorrangig bearbeitet.
  • Senator Scheele schreibt einen Brief an die Wettbewerber und andere Handelsunternehmen, damit sie frei werdende Stellen zuerst den arbeitslosen Schleckerfrauen anbieten.
  • Hamburg wird die Bemühungen in Baden-Württemberg unterstützen, eine Transfergesellschaft zur Qualifizierung und Vermittlung der arbeitslos gewordenen Schleckerfrauen zu gründen.

Senator Scheele kümmert sich persönlich um das Schicksal der Arbeitnehmerinnen der Drogeriekette und macht ihr Schicksal zur Chefsache. Damit unterscheidet er sich von dem Chef-liberalen, Wirtschaftsminister Philipp Rösler, FDP, der die betroffenen Frauen den Marktkräften überlassen will und die Unterstützung für eine Transfergesellschaft blockierte. "Eine liberale Ohrfeige für die Betroffenen", so Wolfgang Rose.

Schlecker in Hamburg - eine Erfolgsgeschichte

Ziel aller Aktivitäten in Hamburg und auf Bundesebene ist es, so viele Arbeitsplätze zu erhalten wie immer möglich. Rose: "Wir kämpfen um jede einzelne Existenz. Wir wollen ein Konzept, das in die Zukunft gerichtet ist und nicht alleine zu Lasten der Beschäftigten geht. Die sozialpolitische Dimension der bundesweit drohenden Massenentlassungen von Frauen rechtfertigt ein Eingreifen des Staates und unterstützende Maßnahmen der Bundesländer. Es geht um das Schicksal von Familien und um Frauenarbeitsplätze in Hamburg, die nicht verloren gehen dürfen." Am Internationalen Frauentag, dem 8. März, bat ver.di um die solidarische Unterstützung der Hamburger/innen. Die Betriebsrätinnen Renate Nazli (49) und Nicole Au (40) beschreiben im Gespräch mit ver.di PUBLIK ihre persönliche Erfolgsgeschichte als Betriebsrätinnen bei Schlecker:

Schlecker-Solidaritätsdemo

Oft wurde vergessen: Bereits seit 1995 werden die Beschäftigten aufgrund eines Anerkennungstarifvertrags nach dem Tarifvertrag des Hamburger Einzelhandels bezahlt. Das sei einzigartig in der Branche. Der erste neue Betriebsrat (BR) in Hamburg sei nach einer achtjährigen betriebratslosen Zeit 2009 gegen den erbitterten Widerstand der Unternehmensführung durchgesetzt worden. "Wir mussten uns alles erkämpfen und immer wieder vor dem Arbeitsgericht klagen: für das Recht auf ein eigenes BR-Büro; für einen PC, der für den Mailaustausch zwischen den BR-Gremien einen Internetzugang hat; für Bücher und die Teilnahme an Schulungen; gegen Manipulationen am Zeiterfassungsplan zu Lasten der Beschäftigten. Und das waren nur die konfliktreichsten Auseinandersetzungen. Doch nach und nach haben wir uns gegen die Willkür der Unternehmensleitung und die unwürdigen Führungsmethoden durchgesetzt. Die Bespitzelungen am Arbeitsplatz als Methode der Disziplinierung haben aufgehört. Kündigungen und das gleichzeitige Angebot von schlechter bezahlten Arbeitsplätzen bei einer schleckereigenen Leiharbeitsfirma - das ist Vergangenheit. Immer öfter können wir uns in den drei Hamburger BR-Gremien mit zusammen 19 Betriebsrätinnen trotz der Schikanen um die alltäglichen Sorgen unserer Kolleginnen kümmern - ein Erfolg der solidarisch und gemeinsam mit ver.di geführten Auseinandersetzung mit dem Unternehmen. Dieser Erfolg darf jetzt durch den Supergau der Insolvenz nicht zerstört werden."

Dank für die Solidarität

Sie können nicht mehr alle bleiben, kämpfen aber weiter um ihre Zukunft

Zum Redaktionsschluss am 30. März sollten in Hamburg 29 von 60 Filialen geschlossen werden. Für die 110 Kolleg/innen, die dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren, greifen jetzt die Maßnahmen, die zwischen ver.di und Senator Scheele verabredet wurden. "Wir haben bis zuletzt um die Einrichtung einer Transfergesellschaft gekämpft. Dies wurde leider von der FDP in den Ländern, in denen sie mitregiert, verhindert.Unser Dank gilt allen, die uns in dieser schwierigen Auseinandersetzung solidarisch unterstützt haben. Jetzt geht es darum, dass die verbliebenen Filialen am Markt bestehen können und die gekündigten Kolleginnen schnell in gleichwertige, tariflich abgesicherte und bezahlte Arbeitsplätze vermittelt werden", kommentieren Renate Nazli und Nicole Au den aktuellen Stand der Dinge.

Jetzt geht es darum, dass die verbliebenen Filialen am Markt bestehen können und die gekündigten Kolleginnen schnell in gleichwertige Arbeitsplätze vermittelt werden.