Zirkus ist eine Traumwelt. Und auch das ist fast unglaublich: Wo ich mich als Zehnjähriger auf eine Anzeige gemeldet habe, um Clown zu werden, ist heute mein wichtigster Arbeitsplatz. Ich bin künstlerischer Leiter am Marzahner Standort des Kinderzirkus' CABUWAZI. Ein Zirkuswagen zwischen unserem gelb-roten Zirkuszelt und der Übungshalle beherbergt mein Büro. Ich habe 25 Mitarbeiter/innen, dabei aktive und ehemalige Artisten und Tänzerinnen, Handwerker, Techniker, Schneiderinnen und freiberufliche Zirkuspädagogen. Der Betrieb geht morgens mit Kindergartengruppen und Schulprojekten los. Abends endet er mit Kursen, in denen sich Kinder und Jugendliche in 23 verschiedenen Zirkusdisziplinen betätigen können, als Hobby und kostenlos.

Mit dem Einrad nach Belgien

Vor kurzem haben wir unsere 30-Minuten-Show für das "17. Europäische Zirkusfestival" in Belgien vorbereitet. Diesmal gingen die Jüngeren an den Start, 8- bis 13-Jährige, mit Jonglage, Tanzchoreografien, Hula-Hoop-Act, Einrad-Show, Luftakrobatik, Clownerie. Damit hat CABUWAZI-Springling Anfang November den Ersten Preis der europäischen Zirkusschulen errungen.

Abläufe zu planen, Aufführungen zu gestalten, zu inszenieren, Protagonisten zu begeistern, das ist mein Beruf. Ich habe zuerst einige Jahre als Profi-Artist gearbeitet und dann Schauspielregie studiert. Als ich 2008 mein Diplom hatte, ging mein erster Zirkus-Lehrer und Platzleiter-Vorgänger in Rente. CABUWAZI fragte mich. Ich wollte das erst mal zwei Jahre probieren, und etwas von dem zurückgeben, wovon ich hier selbst profitiert habe.

Darüberhinaus inszeniere ich ab und an im Wintergarten Varieté Berlin, für TV-Sendungen im KiKA oder ZDF. Aber 40 Stunden pro Woche oder mehr trifft man mich immer noch hier, im Zirkus. Etwa die Hälfte der Zeit trainiere ich jedoch nicht mit den Kindern Jonglieren oder Trampolinspringen, sondern muss mich ums Geld kümmern. 350.000 Euro brauchen wir im Jahr, überwiegend Projektmittel von Kommune, Land, Bund oder EU, aber auch Spenden. CABUWAZI hat in Berlin fünf Standorte. Es ist ein künstlerisches, aber auch soziales Projekt. In Marzahn haben wir gerade 20. Geburtstag gefeiert. Pro Woche kommen bis zu 450 Kinder, denen die Eltern vielleicht keinen Tenniskurs bezahlen können, die sich hier kreativ und sportlich betätigen und Selbstbewusstsein entwickeln. Nebenbei lernen sie, sich in eine Gruppe zu integrieren, Verantwortung zu übernehmen. Und wenn das alles auch noch Spaß macht und bei zahlreichen Auftritten Applaus einbringt, dann ist das wirklich traumhaft.

Protokoll: Helma Nehrlich