12. Dezember 2012: Internationale Demonstration in Straßburg

Die Erfahrungen mit der neoliberalen Wettbewerbsphilosophie sind weit verbreitet. Diese rückwärtsgewandte Politik hat auf dem Arbeitsmarkt dazu geführt, dass normale Erwerbsbiografien durch einen Flickenteppich aus Leiharbeit, geringfügiger Beschäftigung, befristeten Arbeitsverträgen und/oder Scheinselbstständigkeit ersetzt wurden. Erwerbsformen, die allesamt untauglich sind, das System der sozialen Sicherheit langfristig zu bewahren. Dieser Flickenteppich degradiert die Arbeitnehmer/innen nicht nur zur Ware, auch die sozialen Sicherungssysteme werden missbraucht. Die vielen Milliarden Euro an Aufstockerzahlungen für Arbeitnehmer/innen bei Lohndumpingfirmen verdeutlichen dies.

Trotz dieser skandalösen Entwicklung hat die Europäische Kommission einen erneuten Anlauf gestartet, den Markt für die Bodenverkehrsdienste (BVD) an den europäischen Flughäfen weiter zu deregulieren, wie die neoliberale Wettbewerbspolitik verharmlosend genannt wird. Zu den Bodenverkehrsdiensten gehören etwa das Be- und Entladen von Flugzeugen, die Passagierabfertigung, der Transport von Fluggästen zu den Fliegern oder die Innenreinigung der Maschinen.

Das Ziel der Kommission ist, die Mindestzahl der Anbieter für diese Dienstleistungen auf die Flughäfen auf mindestens drei zu erhöhen. Die Etablierung fairer Wettbewerbsbedingungen zur Unterbindung von Lohndumping plant die Kommission hingegen nicht. Als logische Folgen könnten Dumpinglohnunternehmen an den Flughäfen vordringen, mit all den negativen Wettbewerbswirkungen bezüglich der Einkommens- und Arbeitsbedingungen für die vorhandenen Beschäftigten bei den Bodenverkehrsdiensten.

Mit der bundesweiten Aktion "Finger weg vom BVD" mobilisert ver.di gegen diese Politik der Europäischen Kommission. Im Rahmen dieser Aktion fanden parallel zu den Beratungen der europäischen Gremien insgesamt drei Demonstrationen statt, um den gewerkschaftlichen Protest europaweit zu dokumentieren. Die Beschäftigten des Hamburger Flughafens waren dabei zahlreich vertreten.

Die letzte Demonstration wurde am 12. Dezember 2012 in Straßburg organisiert. Das Europäische Parlament hat dort die "Dumpinglohnbestrebungen" der Europäischen Kommission erneut abgelehnt. Dennoch will die Kommission das Thema in diesem Jahr erneut aufgreifen, so dass die Auseinandersetzung um die Bodenverkehrsdienste in 2013 weitergeht. Deshalb werden die Beschäftigten des Hamburger Flughafens zusammen mit ver.di und anderen in der Europäischen Transportarbeiterföderation (ETF) zusammengeschlossenen Verkehrsgewerkschaften ihren Kampf gegen die arbeitnehmerfeindliche Wettbewerbspolitik der Europäischen Kommission fortsetzen.

Die bisher erstrittenen Teilerfolge motivieren und verpflichten geradezu zum Weitermachen. ver.di hat nichts gegen Wettbewerb, soweit dessen Basis faire Arbeits- und Einkommensbedingungen sind. Ein Wettbewerb, der sich jedoch der erfolgreichsten "Lohndrückermethoden" bedient, muss bekämpft werden. Deshalb gilt: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.


Martin Hellwig

"Erfreulich war, dass sich viele Beschäftigte aus allen Beschäftigtengruppen an den jeweiligen Protestmaßnahmen beteiligt haben. Auch die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus Belgien, Dänemark, Großbritannien, Frankreich, Italien und Portugal hat hervorragend geklappt. Nichts ist inspirierender als ein auf Solidarität basierender Erfolg. Auch wenn der am 12. Dezember 2012 erzielte Erfolg nur ein Etappensieg ist. Wir werden uns auch in diesem Jahr gegen den Lohndumpingwettbewerb der Europäischen Kommission zur Wehr setzen."

Martin Hellwig, VORSITZENDER DES GEMEINSCHAFTSBETRIEBSRATES AM HAMBURGER FLUGHAFEN