Agnes Schreieder ist stellvertretende Landesleiterin bei ver.di Hamburg

Die Katastrophe in Savar bildet einen weiteren, traurigen Höhepunkt in der Kette der tödlichen Unfälle in den Textilfabriken in Bangladesch. Mindestens 3,5 Millionen Menschen arbeiten dort in der Textilindustrie. Viele davon in maroden, baufälligen und deshalb lebensgefährlichen Gebäuden. Die Kampagne für Saubere Kleidung, Nicht-Regierungsorganisationen und Gewerkschaften kritisieren seit Langem, dass die Selbstverpflichtungen der Unternehmen zur sozialen Verantwortung an den Missständen vor Ort nichts ändern.

Nun bedarf es nicht nur unverzüglicher Hilfe und Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen sowie der Bestrafung der Verantwortlichen vor Ort. Das ganze System muss nachhaltig anders werden. Dazu gehört auch die Abkehr der "Geiz-ist-Geil"-Haltung beim Einkauf hierzulande. Kritische Konsumenten, aber auch Betriebsräte und Gewerkschafter/innen bei Handelsunternehmen wie Karstadt, H&M oder Zara können viel bewegen (www.exchains.verdi.de). Wir brauchen zugleich aber dringend politische Vorgaben für die europäischen Auftraggeber und ihre Handelspartner. Textilketten, die in Bangladesch produzieren lassen, müssen verpflichtet werden, das Brandschutzabkommen für die Textilindustrie in Bangladesch zu unterzeichnen. Es regelt regelmäßige und unabhängige Inspektionen, die Einbindung der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften, sowie die Verpflichtung zu Investitionen in Arbeitsschutz und Gebäudesicherheit. Die europäischen Handelsketten müssen sich zur Zahlung höherer Stückpreise verpflichten, damit der Mindestlohn in Bangladesch und anderen Lieferländern endlich auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben werden kann. Und es bedarf einer Offenlegung der Lieferketten, damit unabhängige Kontrollen tatsächlich möglich sind.

Zudem brauchen wir wieder internationale Handelsabkommen, in denen verbindliche Quoten sowie die Einhaltung von Sozialstandards und Gewerkschaftsrechten vorgegeben werden. Nur so können bittere Armut und skandalöse Zustände in den Produktionsstätten in Bangladesch und anderen armen Ländern überwunden werden.