Sabine Reiner leitet den Bereich Wirtschaftspolitik bei ver.di

Fast überall in Europa gab es Klagen, dass junge Leute zu wenige Kinder bekommen - Spanien liegt in dieser Hinsicht noch hinter Deutschland, Griechenland knapp davor. Doch überall ist die Jugendarbeitslosigkeit doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung. Überall gibt es Probleme, wenn Kinder wachsen und zu selbstständigen Jugendlichen werden wollen. Dieses "Problem" hat sich inzwischen zu einer Katastrophe ausgewachsen. Oder wie soll man das nennen, wenn europaweit fast jede/r Vierte unter 25 Jahren arbeitslos ist? Fast 40 Prozent in Italien und Portugal, fast 60 Prozent in Spanien und Griechenland!

Doch nun setzen sich Bundesregierung wie EU-Kommission für Europas Jugend ein. Sie nehmen ein klein bisschen Geld in die Hand - sechs Milliarden Euro, allerdings verteilt auf sieben Jahre und machen viele Vorschläge. Manche sind gut, manche gut gemeint, einige auch nur Ablenkungsmanöver. Sicher ist es hilfreich, wenn junge Leute Sprachkurse machen können, um in anderen Ländern nach Jobs suchen zu können. Aber soll ein großer Teil von ihnen auswandern? Solche Szenarien schienen in Europa der Vergangenheit anzugehören, als Kriege oder Hungersnöte Menschen aus ihrer Heimat trieben. Eine Jobgarantie - die Verpflichtung, arbeitslosen Jugendlichen innerhalb von vier Monaten einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu garantieren - klingt ebenfalls sinnvoll. Damit haben einige Länder gute Erfahrungen gemacht, zum Beispiel Österreich. Dort liegt die Jugendarbeitslosigkeit aber bei acht Prozent, nicht bei 25 oder 60.

Der tollste Vorschlag kommt von Kanzlerin Merkel: Die EU solle vorübergehend Vorruhestandsregeln finanzieren. Oma soll also länger arbeiten (Rente mit 67), aber gleichzeitig in den Vorruhestand gehen, um dem Enkel Platz zu machen. Auf solche Ideen kann nur kommen, wer partout von der katastrophalen Kürzungspolitik nicht lassen will. Ohne eine wirtschaftspolitische Umkehr werden auch gute Vorschläge nicht einmal etwas Balsam bringen.