Frohes Schaffen - ein Film zur Senkung der Arbeitsmoral | Wünscht man einander "Frohes Schaffen", ist das eine Aufforderung, tapfer weiter zu schuften. Oder Zynismus, weil Freude am Job undenkbar ist. Solche Widersprüche von Arbeit beschäftigen Dokumentarfilmer Konstantin Faigle. Gegen kluge, engagierte Expertenaussagen - von Arbeitszeithistoriker Benjamin Hunnicutt über den Muße-Befürworter Tom Hodgkinson bis zur Evolutionspsychologin Susan Blackmore - schneidet er bunte Spielszenen. Mit einem depressiven Arbeitslosen, einem Rentner beim Baumarktbesuch, dem Sensenmann oder einer um Aufträge heischenden Freiberuflerin. Zum Schluss finden die vom Arbeitsmangel gequälten Menschen zueinander, dank eines begnadeten Müßiggängers: Lieber gemeinsam auf der Ukulele klampfen, als nur in der Arbeit Lebenssinn zu finden. Faigles enttarnt die Sozialpeitsche des Arbeitsethos als Ersatzreligion, bevor uns alle das japanische Karoshi- Syndrom einholt: der plötzliche Tod durch Überarbeitung. Jutta Vahrson

D 2012. R: KONSTANTIN FAIGLE. D: S. BLACKMORE, B. HUNNICUTT, 98 MIN., KINOSTART: 2.5.2013


Paradies Hoffnung | Von wegen Paradies: In einem österreichischen Jugendcamp, wo sich Melanie in den Ferien einer Diätkur unterzieht, geht es so strikt zu wie beim Militär. Ein hartes sportliches Training, eiserne Disziplin und drakonische Strafen bei Regelverletzungen sind hier angesagt. Melanies einziger Trost ist ihr betreuender Arzt. Sie verliebt sich in ihn, doch er treibt ein undurchsichtiges Spiel mit ihr. Immer wieder zeigt Ulrich Seidl im halb-dokumentarischen Stil schonungslos, wozu uns Sehnsüchte treiben können. In den ersten beiden Teilen seiner "Paradies"-Trilogie zahlten Melanies Mutter und ihre Tante einen hohen Preis für ihr Begehren: Erstere suchte als Sextouristin in Kenia ihr Glück, letztere wähnte ihre Erfüllung in der katholischen Mission. Der letzte Teil besitzt nicht ganz die dramatische Wucht der ersten beiden, überzeugt aber als subtile Studie. Besonders berühren die wie improvisierten Dialoge, in denen die Mädchen über intime Dinge reden, wie es zum Beispiel ist, einen Zungenkuss zu bekommen. Kirsten Liese

D/A/F 2012. R: ULRICH SEIDL, D: MELANIE LENZ, JOSEPH LORENZ, MICHAEL THOMAS,U.A., 91 MIN., KINOSTART: 16.5.2013