Ausgabe 08/2013
Jetzt kann Weihnachten kommen
Die 80 Streiktage haben es gebracht
"Es kann keinen Tarifabschluss geben, ohne dass der Manteltarifvertrag ohne Wenn und Aber umgehend wieder in Kraft gesetzt wird", so war die Haltung der Streikenden. 80 Streiktage von Mai bis Anfang Dezember, "und wenn sich nichts bewegt, werden wir noch mehr drauflegen." Acht Monate dauerte die Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel an. Im Frühjahr hatte der Arbeitgeberverband alle baden-württembergischen Tarifverträge gekündigt. Durch diese Provokation der Arbeitgeber wurde aus einer reinen Lohn- und Gehaltsrunde eine Tarifauseinandersetzung um wesentliche Punkte in den Tarifverträgen. Die Arbeitgeber sprachen von Modernisierung - ein gern gebrauchter Begriff, wenn es um das Thema Entgeltordnung geht.
Vertrag gilt rückwirkend
Doch jetzt gibt es einen Abschluss: ver.di hat in den Betrieben erreicht, dass der von den Arbeitgebern gekündigte Manteltarifvertrag unverändert wieder in Kraft gesetzt wird. Zudem wurden Gehaltssteigerungen in Höhe von insgesamt 5,1 Prozent durchgesetzt. Für die Beschäftigten wurden die Lohn- und Gehaltserhöhungen in zwei Schritten vereinbart: ab 1. 7. 2013 um 3 Prozent und ab 1.4.2014 um weitere 2,1 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen werden überproportional angehoben. Der Vertrag gilt rückwirkend zum 1. April 2013 und hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Mit der Kündigung des Manteltarifvertrages wollten die Arbeitgeber ver.di dazu zwingen, über eine neue Entgeltstruktur zu verhandeln. Letztendlich bedeuten die Arbeitgebervorstellungen stets Verschlechterungen für die Beschäftigten: Bereits in der Tarifrunde 2007/2008 gab es heftige Angriffe der Arbeitgeberseite auf den Manteltarifvertrag. Erst nach einer 18-monatigen Auseinandersetzung konnten Zuschläge gesichert und Verschlechterungen abgewehrt werden.
Die Streikenden wurden auch dieses Mal durch verschiedenste Solidaritätsaktionen unterstützt. Im Oktober und November haben viele Unterstützer/innen mit fantasievollen Aktionen und humorvollen Störmanövern den Streikenden beigestanden und den Arbeitgebern deutlich gemacht, dass es zufriedene Kund/innen nur mit Tarifvertrag gibt. Immer mehr Unterstützer/innen riefen zu Solidaritätsaktionen mit den Beschäftigten im Einzelhandel auf. Mit einer "Einkaufsdemonstration" durch verschiedene Geschäfte in der Stuttgarter Innenstadt haben die "Gewerkschafter gegen S 21" deutlich gemacht, dass Streiktage keine Einkaufstage sind. Mit flexiblen Überraschungsstreiks wollten die Streikenden im Weihnachtsgeschäft dafür sorgen, dass es zu empfindlichen Störungen kommt. Doch weitere Eskalationen in der Auseinandersetzung sind jetzt nicht mehr nötig.