Pfleger Rolf in der Stroth fordert bessere Arbeitsbedingungen und ausreichend Zeit für die zu Pflegenden

Die Absicht, in Hamburg eine Pflegekammer zu gründen, ist vom Tisch. Die Hamburger Bürgerschaft hatte sich im Mai 2013 auf Initiative der Grünen grundsätzlich zur Einführung einer Pflegekammer bekannt. In einer daraufhin erfolgten repräsentativen Befragung durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz haben sich lediglich 36 Prozent der Beschäftigten für die Einrichtung einer Pflegekammer ausgesprochen. 48 Prozent lehnten eine Pflegekammer ausdrücklich ab, 16 Prozent waren unentschlossen. Besonders deutlich haben sich die Beschäftigten in der Altenpflege positioniert. Vier von fünf Befragten sprachen sich gegen die Pflegekammer aus.

Ordnungspolitischer Irrweg

Damit haben die Beschäftigten der Kritik von ver.di an der Einführung einer Pflegekammer mit großer Deutlichkeit beigepflichtet. Insofern ist das Votum der Beschäftigten auch eine deutliche Absage an ordnungspolitische Vorstellungen, staatliche Aufgaben über Kammern zu privatisieren und dafür dann die Beschäftigten auf der Basis einer Zwangsmitgliedschaft samt monatlichen Zwangsbeiträgen zwischen acht und 25 Euro zur Kasse zu bitten.

Faktisch hätte die Einführung einer Pflegekammer weder zu einer Verbesserung der tariflichen Regelungen (Arbeitszeit und Einkommen) oder der Arbeitsbedingungen noch zu zusätzlichen Pflegekräften geführt. Das heißt, weder die Pflegequalität noch die unzureichende Personalausstattung in den Pflegeberufen wäre grundlegend verbessert worden.

Mit ihren Stimmen haben die Pflegekräfte den eingeschlagenen ordnungspolitischen Irrweg der Politik korrigiert. Die ablehnende Haltung der Beschäftigten gegenüber einer Pflegekammer lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass die Beschäftigten mit der Situation in der Pflege beziehungsweise in den Pflegeberufen insgesamt zufrieden sind:

ROLF IN DER STROTH, Betriebsratsvorsitzender bei Pflegen und Wohnen Hamburg GmbH: "Es ist Zeit, dass sich etwas ändert. Pflege ist die Arbeit am Menschen. Die Situation in der Pflege hat sich in den letzten Jahren stetig verschlechtert. Unsere täglichen Herausforderungen werden erschwert durch Arbeitskräftemangel, zu niedrige Bezahlung und eine geringe Wertschätzung der Tätigkeit.

Vor diesem Hintergrund wäre eine Pflegekammer nicht zielführend. Wir fordern Veränderungen auf politischer Ebene, die die Arbeitsbedingungen für Pflegende nachhaltig verbessern und ausreichend Zeit für die Bedürfnisse der zu Pflegenden garantieren."

Gute Pflege erfordert gute Arbeit

Mit dem Verzicht auf eine Pflegekammer allein ist es nicht getan. Jetzt bedarf es konkreter politischer Schritte zur dauerhaften Verbesserung der Rahmenbedingungen. Dazu gehören insbesondere:

  • Eine deutlich bessere Finanzausstattung der Krankenhäuser sowie die Beseitigung der strukturellen Unterfinanzierung in der Altenpflege.
  • Verbindliche Grundlagen für einen besseren Gesundheitsschutz der Pflegekräfte.
  • Die umgehende Verbesserung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen inklusive der Bereitstellung von mehr Personal sowie die Verabschiedung gesetzlicher Vorgaben zur Personalbemessung.
  • Die vollständige Refinanzierung der tariflichen Lohnkosten durch die Kostenträger, denn die bisherige Deckelung beeinträchtigt bereits schon jetzt die Qualität im Pflegebereich.

Pflege ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Eine höhere gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung ist überfällig. Jenseits von ordnungspolitischen Streitigkeiten sollten die dargestellten zentralen Probleme in der Pflege unter Einbeziehung aller Beteiligten - Senat, Politik, ver.di, Kassen und Verbände - jetzt angepackt werden. Der Landespflegeausschuss kann dazu einen Beitrag leisten, allerdings müssen dann auch die Verbände und die Gewerkschaft ver.di dort vertreten sein. Ziel muss es sein, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der 25 000 Pflegekräfte in Hamburg dauerhaft zu verbessern.