Der Internationale Frauentag am 8. März symbolisiert den Kampf der Frauen für ihre Gleichberechtigung in Gesellschaft und Beruf. Vieles hat sich verbessert. Aber noch ist längst nicht alles zufriedenstellend. Auch heute müssen Frauen ihre Stimmen für sichere Arbeits- und Einkommensbedingungen erheben. Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding stellte fest: "Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben. Das Ziel ist die Gleichberechtigung, damit wir solche Tage nicht mehr brauchen."

Wir haben zwei Frauen zweier Generationen nach ihren Erfahrungen im Alltag und ihren Wünsche für die Zukunft gefragt:

Reingard Wagner, 63 Jahre

Ist der Frauentag eigentlich noch zeitgemäß?

REINGARD WAGNER: Wir können nicht oft genug auf die benachteiligende Situation von Frauen aufmerksam machen. Frauen verdienen immer noch durchschnittlich 22 Prozent weniger, sie besitzen weniger Vermögen als Männer, und sie haben weniger Aufstiegschancen. Immer mehr Frauen arbeiten, doch sie arbeiten größtenteils zu niedrigen Löhnen, in unfreiwilliger Teilzeit, Leih- oder Zeitarbeit, befristet, zu "flexiblen Arbeitszeiten" und in ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen wie Minijobs. Die Liste lässt sich unendlich fortführen. Kontraproduktiv ist es für mich, so zu tun, als sei Geschlechtergerechtigkeit bereits Realität, statt zu sehen, dass es ein strukturelles Problem ist.

Gibt es Blumen?

MIRIAM MAURITZ: Für mich geht es am Frauentag weniger um Blumen, als vielmehr um eine klare Forderung nach der Gleichstellung der Geschlechter. Und darum, auf jene Frauen aufmerksam zu machen, die nicht dieselben Ausgangschancen haben wie wir - sei es aus kulturellen, sozialen oder politischen Gründen. Klar ist aber auch, dass mit einem simplen Blumengeschenk à la Muttertag nie alle Fragen zur Gleichberechtigung gelöst werden: Das Eine ist eine Geste der Wertschätzung zwischen Menschen, das Andere ist eine politische Debatte, die noch lange nicht vom Tisch ist.

Miriam Mauritz, 29 Jahre

Ein paar Stichwörter: Gleichberechtigung ist...

REINGARD: ... auf dem Papier vorhanden, aber in der Praxis und im Alltag immer noch weit weg.

In 20 Jahren ist der Internationale Frauentag ...

MIRIAM: ... hoffentlich nicht mehr notwendig, da wir in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben.

Frauen und Männer unterscheiden sich vor allem durch ...

REINGARD: ... die Art und Weise, wie sie anerkannt und angesehen werden - Leistungen von Frauen werden immer noch zu selten gesehen.

Was ich noch sagen möchte ...

MIRIAM: Ich wünsche mir, dass Frauen nicht mehr die besseren Männer sein müssen, um in Führungspositionen zu gelangen. Frauen und Männer sollten sich vielmehr solidarisieren und gemeinsam für eine gute und faire Arbeitswelt eintreten, in der Beruf, Karriere und Familie vereinbar sind.

REINGARD: Dinge verändern sich langsam, aber ich bin optimistisch, dass wir auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit sind. Ich setze da auf die jungen Frauen - und Männer.