Das "Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns" (siehe oben) ist eingebettet in ein ganzes Paket von neuen rechtlichen Regelungen, das in einem 57 Seiten starken Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales "Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie" genannt wird. Es enthält Änderungsvorschläge unter anderem für das Arbeitsgerichtsgesetz, das Schwarzarbeitsbekämpfungs-, das Verdienststatistik-, das Tarifvertrags-, das Mindestarbeitsbedingungen- , das Arbeitnehmer- Entsende-, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das Dritte, Vierte und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch und die Gewerbeordnung - eine sehr komplexes Regelwerk also, an dem Jurist/innen ihre Freude haben dürften.

Allgemeines Ziel des Gesetzes ist es laut Ministerium, die Tarifautonomie zu stärken - wie der Name schon signalisiert- und "angemessene Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen". Der Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat den Referentenentwurf grundsätzlich begrüßt - neben den Regelungen zum Mindestlohn - insbesondere die in Aussicht gestellte Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen und die Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf alle Branchen.

Das Gesetz sei, so der DGB-Vorstand, ein "großer und wichtiger Schritt zu einer neuen Ordnung der Arbeit, stärkt das Tarifvertragssystem und stellt einen Meilenstein in der Sozialpolitik dar". Insbesondere die Einführung eines unabdingbaren flächendeckenden Mindestlohnes sei "ein großer sozialer Fortschritt". Bei aller Freude im allgemeinen hat der DGB allerdings bereits in einer ersten Stellungnahme auch eine Fülle von Bedenken im Detail geäußert und Veränderungsbedarf angemeldet. Der DGB behält sich vor, weitere Kritik vorzutragen, da so schnell eine ausführliche Befassung mit allen Detailfragen nicht abschließend möglich gewesen sei.

Faktisches Vetorecht

Zum Beispiel ist der DGB zwar überzeugt, dass sich durch die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen die Durchsetzung angemessener Entgelt- und Arbeitsbedingungen deutlich verbessern werde. Allerdings kritisiert er gemeinsam mit seinen Einzelgewerkschaften, dass "das faktische Vetorecht von Spitzenorganisationen der Arbeitgeberverbände bei der Entscheidungsfindung im Tarifausschuss nicht eingeschränkt" werden solle: "Damit besteht nach wie vor trotz gemeinsamer Antragstellung der Tarifvertragsparteien die reale Gefahr, dass der Antrag scheitert. Das verhindert die Bekämpfung von Wettbewerbsverzerrungen und ermöglicht weiterhin Kostenvorteile über niedrigere Lohnkosten bei gleicher oder vergleichbarer Arbeit in einer Branche."

Henrik Müller