TTIP

Münchner Wasser: heute "öffentliches Gut", aber wie lang noch?

Kurz vor den Europawahlen sind die Befürworter des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA - kurz TTIP genannt - auf Tauchstation gegangen. Dabei wird uns doch TTIP als gigantisches Wachstumsprogramm verkauft. Dass wir uns dafür aber Chlorhähnchen, Genmais und den radikalen Abbau von Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards einhandeln, lässt den Protest wachsen. Wofür es auch höchste Zeit ist. Denn das Abkommen soll zügig abgeschlossen und umgesetzt werden. Transparenz und demokratische Kontrolle sind nicht vorgesehen.

EU-Verhandlungsführer Karel De Gucht beteuert zwar, dass "keine europäischen Schutzstandards aufgegeben werden", und die EU-Kommission lässt verbreiten, der brisante Investorenschutz liege auf Eis - allein, es fehlt der Glaube. So hat das EU-Parlament gerade erst in aller Stille die Rahmenbedingungen für den Investorenschutz durchgewunken, nur Grüne und Linke stimmten dagegen. In den vertraulichen Leitlinien des EU-Ministerrats, von den Grünen publik gemacht, finden sich auch Kultur und öffentliche Dienstleistungen als Verhandlungsgegenstand - was zuvor stets bestritten wurde.

TTIP wird ohnehin als "living agreement" gestaltet. Was harmlos klingt, hat es in sich. Danach muss künftig bei allen Gesetzesinitiativen frühzeitig geprüft werden, ob sie "wesentlichen Einfluss" auf Investorenschutz und Freihandel haben. Bestimmen sollen das keine Parlamente, sondern ausschließlich Firmen beziehungsweise Konzerne. Ein Paradies für alle Lobbyisten.

Besonders gefährdet ist dabei die öffentliche Daseinsvorsorge. Nicht nur durch TTIP, sondern auch durch TISA ("Trade in Services Agreement"). Das wird zwischen 50 Staaten (darunter alle EU-Länder, USA, Kanada und Japan) ausgehandelt und soll erklärtermaßen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen vorantreiben. Im Sinne dieser Abkommen stellt etwa das exzellente Münchner Trinkwasser kein schützenswertes "öffentliches Gut" dar, sondern ist "Handelsgut", das zwingend der privatwirtschaftlichen Profitmaximierung samt Investorenschutz unterworfen werden soll. "Water makes money" - das Chlorhähnchen ist da fast noch das geringste Problem.

Entgegen allen Beteuerungen wird weiter am Ausverkauf öffentlicher Dienstleistungen, dem Abbau von Schutzbestimmungen und dem Vorrang von Kapitalinteressen gearbeitet. Höchste Zeit, aktiv zu werden. Etwa im TTIP-Arbeitskreis von ver.di München.

Bernd Mann