"Wir lieben Lebensmittel": Der Werbeslogan der mit jährlich mehr als eine Milliarde Euro Gewinn erfolgreichen Marktkette "Edeka" steht im harten Kontrast zum Umgang mit manchen Belegschaften in Niedersachsen. Die klagen über Versuche gesetzwidriger Kameraüberwachung, willkürlich festgesetzte Arbeitszeiten und unberechenbare Gehaltsmodalitäten. Es herrscht Angst um Arbeitsplätze, und es kursieren Petitionen und offene Briefe. "Es wird Zeit, dass die Einhaltung sozialer Standards und der Schutz aller Beschäftigten, die unter dem Edeka-Logo arbeiten, von der Zentrale zur Chefsache erklärt werden", fordert ver.di-Landesleiter Detlef Ahting.

Beispiel Bad Gandersheim und Winsen an der Aller: Wie seit Jahren andere Edeka-Märkte auch, wurden 2011 die E-Center dort an selbstständige Kaufleute ausgegliedert - zwar unter dem Edeka-Logo, aber nicht unter der sozialen Verantwortung des Unternehmens. Seitdem werden neue Beschäftigte unter Tarif bezahlt, Minijobs ohne Sozialversicherung eingerichtet - manchmal sogar ganz ohne Arbeitsvertrag.

Für die beim Übergang Beschäftigten in beiden Märkten galt eine befristete Tarifbindung. Doch die läuft nun aus, und die Sorgen der Belegschaften wachsen. "Unserer Erfahrung nach führt das Ende der Tarifbindung in nahezu allen ausgegliederten Märkten zu Arbeitsverdichtung, Lohndumping und zur Verdrängung der Altbeschäftigten durch untertariflich Beschäftigte", berichtet Sabine Gatz vom ver.di-Fachbereich Handel.

In einer Petition an die zuständige Edeka-Geschäftsführung Hannover-Minden hatten 66 von 72 Beschäftigte aus Winsen/Aller bereits im Mai geklagt: "Was hier im Markt passiert, ist auf Dauer nicht auszuhalten." Bereits heute liegen ver.di Gehaltsabrechnungen vor, denen zufolge langjährig Beschäftigte statt 14,60 Euro nach Tarif lediglich sieben Euro pro Stunde erhalten. "Bei der Bezahlung, beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld herrscht bei uns Kraut und Rüben", so die Beschäftigten in der Petition.

Offener Brief an die Zentrale

Nun haben sich erstmals in Niedersachsen Belegschaften ausgegliederter Edeka-Märkte solidarisiert. In einem offenen Brief fordern sie von der Unternehmenszentrale Verantwortung für existenzsichernde Tarifbindung, gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen und flächendeckende Betriebsräte in allen Edeka-Märkten. Unterstützt werden sie von Bundes- und Landespolitikern wie Beate Müller-Gemmecke und Brigitte Pothmer (MdB/Die Grünen), Sahra Wagenknecht (MdB/Die Linke), Maximilian Schmidt (MdL/SPD) sowie von ver.di-Gewerkschaftern.

In dem Schreiben heißt es: "... wo Edeka drauf steht, muss auch Edeka drin sein. Schließlich bestimmen Sie die Einkaufspreise, Rahmenöffnungszeiten, übernehmen Personalabrechnungen, Werbung und vieles mehr. Außerdem gehören Ihnen viele Marktgebäude, die Sie an die ‚Selbständigen‘ vermieten. Sie investieren über die zentrale Edekabank in nahezu alle Märkte. Das Einzige, wofür Sie nicht Verantwortung übernehmen, sind Zehntausende, die in Niedersachsen-Bremen in ausgegliederten Märkten arbeiten." Die Forderung an Edeka lautet: "Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung!"