Ausgabe 06/2014
5000 Unterschriften gegen die Pflegekammer
Christa Greve (links) und Detlef Ahting übergeben die Unterschriften an Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (Mitte)
"Die tägliche Arbeit lässt mich spüren, dass wir keine Pflegekammer, sondern mehr Personal in den Alten- und Pflegeheimen brauchen", sagt Christa Greve, Altenpflegerin und Gesamtpersonalratsmitglied bei der Stadt Hannover. Gegen die vom Land Niedersachsen geplante Zwangsverkammerung der Pflegekräfte ist auch ver.di. Die Gewerkschaft protestiert gemeinsam mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) gegen die Einführung einer Pflegekammer.
Rund 5000 Unterschriften wurden bereits gesammelt und an Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) übergeben. Eine Pflegekammer löst die Probleme in Altenheimen, ambulanten Pflegediensten und Krankenhäusern nicht, lautet die Kritik. Die Kammer bringt weder einen angemessen Lohn noch Tarifverträge oder zusätzliches Personal. Sie bringt auch keine bessere finanzielle Ausstattung der Einrichtungen, sind sich ver.di und Arbeitgeber einig.
Ab 2016 will die rot-grüne Landesregierung die Pflegekammer einführen - mit einer Zwangsmitgliedschaft und Pflichtbeiträgen der Pflegenden. Die Kammer soll unter anderem eine eigene "Berufsethik" schaffen, eine verpflichtende Fortbildungsstruktur aufbauen, die berufliche Aus- und Weiterbildung fördern, regeln und überwachen. Dafür sollen 53 neue Verwaltungsstellen geschaffen werden. Die voraussichtlichen Kosten beziffert das Sozialministerium derzeit auf 4,8 Millionen Euro.
Für die rund 70.000 Kranken- und Altenpfleger in Niedersachsen bedeutet das vor allem einen Griff in die Geldbörse - acht Euro pro Monat soll der Pflichtbeitrag für eine Vollzeitkraft betragen, die Hälfte für eine Teilzeitkraft. "Wir müssen alle Kraft in die professionelle Pflege der Menschen statt in eine Pflegekammer stecken. Dafür muss der wertvolle und wichtige Pflegeberuf attraktiver werden - durch mehr Personal, gute Tarifverträge und ausreichende finanzielle Mittel", sagt ver.di-Landesleiter Detlef Ahting. "Statt einer teuren und unnützen Mammutbehörde, die auf Kontrolle, Zwang und Pflichten basiert, brauchen wir deutlich bessere Personalschlüssel", so bpa-Landesgeschäftsführer Henning Steinhoff.
ver.di betrachtet die Pflegekammer als "bürokratische Fehlentwicklung". Weiterbildungsangebote gebe es schon heute reichlich. Die Pflegekräfte könnten sie aber wegen des Personalmangels oftmals nicht wahrnehmen. Die für die Pflegekammer vorgesehenen Aufgaben könnten günstiger und praxisnäher durch Pflegebeauftragte wahrgenommen werden, und zwar ohne hierfür den ohnehin unterbezahlten Beschäftigten in die Tasche zu greifen. Denn das Durchschnittseinkommen einer Altenpflegerin in Vollzeit beträgt 2150 Euro brutto.