Sang- und klaglos lief der Arbeitsvertrag aus. Denn er war befristet. So ging es vielen Justizangestellten beim Amtsgericht, beim Landgericht, bei der Staatsanwaltschaft, aber auch im Finanzamt. Sie arbeiteten in der ständigen Ungewissheit, ob sie in ein paar Monaten noch Beschäftigung haben würden oder nicht. Waren sie in "Urlaub" geschickt, bangten sie um einen neuen Vertrag. Auf diese Weise ist eine Lebensplanung nur sehr schwer möglich. Möchte man einen Kredit aufnehmen oder eine neue Wohnung suchen, so sieht man sich hochgezogenen Augenbrauen gegenüber, wenn man als Sicherheit nur einen auf Monate befristeten Vertrag vorweisen kann.

Für den Arbeitgeber, in diesem Fall das Land Hessen, ist das gar nicht so unpraktisch. Man kann in der Personalplanung ungehemmter sein, man spart sich Kündigungen und den Ärger mit den Interessenvertretungen. Außerdem haben diese Befristungen eine disziplinierende Wirkung - sowohl auf die befristet wie auch auf die unbefristet Beschäftigten. Kettenarbeitsverträge sind nach EU-Recht und auch nach deutschem Recht erlaubt. Irgendwann ist allerdings die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten. So war es im Fall einer Marburger Angestellten, die in 25 Arbeitsjahren 40 befristete Verträge hatte. Oder im Fall einer anderen Beschäftigten, die 17 Jahre lang - immer befristet - an der gleichen Stelle gebraucht wurde. Das wollten vier Justizangestellte nicht mehr alles klaglos hinnehmen und zogen Ende Februar mit Unterstützung von ver.di vor das Arbeitsgericht.

Eine außerordentlich angespannte Situation

Das hat das Justizministerium wachgerüttelt. Noch bevor das Gericht Recht sprechen konnte, wurden in Mittelhessen 50 befristete Verträge in unbefristete umgewandelt. Weitere 50 Beschäftigte kommen Ende des Jahres in den Genuss einer solchen Verbesserung ihrer Lage. Und weiteren 100 wurde es in Aussicht gestellt. Anfang August gab es in Gießen ein Glas Sekt und einen Händedruck von der Ministerin. Die vier Klägerinnen waren nicht geladen.

Elke Röcher-Wiegand, gewerkschaftliche Vertrauensfrau und Mitglied im Bezirkspersonalrat, freut sich über den Erfolg. Die Welt der hessischen Justizverwaltung ist für sie damit aber noch lange nicht in Ordnung. Röcher-Wiegand kritisiert die außerordentlich angespannte Personalsituation. Sie selbst bearbeitet Kirchenaustritte, Nachlässe und die Systemverwaltung. Man sei im Dauerstress, haste von Fall zu Fall. Kein Wunder, dass der Krankenstand hoch sei, Burn-out keine Seltenheit. Ein Gesundheitsmanagement tue not. Das Ministerium ist jedoch der Ansicht, es handele sich nur um einen vorübergehenden Zustand. Darauf deutet aber nun gar nichts hin. Denn in Folge der Schuldenbremse sind, im Gegenteil, weitere Personaleinsparungen geplant. Die Gewerkschafterin Röcher-Wiegand wünscht sich nichts sehnlicher als eine "Ruhephase". Das heißt nicht, dass sie die Füße hochlegen will, sondern sie möchte "einfach nur sachlich, gründlich und kompetent" ihrer Arbeit nachgehen. Und das liegt auch im Interesse der- jenigen, die das Amtsgericht in Anspruch nehmen. reb