Ausgabe 06/2014
Ein Euro ist doch nicht zu viel
Im Warnstreik beim OVR Hemmingen
von Bernd Köster
Der seit Monaten andauernde Tarifkonflikt im privaten Omnibusgewerbe in Baden-Württemberg führte im Juli zu zahlreichen Warnstreiks und damit Ausfällen im öffentlichen Nahverkehr in mehreren Städten. ver.di fordert für die mehr als 5000 Beschäftigten in gut 400 Unternehmen eine Gehaltserhöhung von einem Euro pro Stunde, was bei einem Ecklohn eines Busfahrers von derzeit 14,47 Euro pro Stunde rund 7 Prozent entspricht. Die Arbeitgeber halten bislang an ihrem Angebot von 4,6 Prozent mehr Lohn für die nächsten zwei Jahre fest - was lediglich 2,3 Prozent im ersten Jahr entsprechen würde. ver.di erklärte die Verhandlungen für gescheitert.
Streiks und Urabstimmung
Die befristeten Streiks im privaten Omnibusgewerbe in Baden-Württemberg im Juli waren ein großer Erfolg. Im Bezirk Stuttgart waren neben den Ludwigsburger Verkehrslinien, Spillmann Bietigheim-Bissingen, erstmals auch die Betriebe Omnibus-Verkehr Ruoff aus Waiblingen, Backnang und Hemmingen dabei.
Die entschlossene Stimmung unter den Streikenden zeigte sich auch bei der parallel durchgeführten Urabstimmung. Dabei stimmten 98,74 Prozent mit Ja für den Arbeitskampf - was auf unbefristete Streiks im Herbst hinausläuft. Während der Sommerpause hat ver.di mit Rücksicht auf die Bürger/innen nicht mehr gestreikt. Sollte jedoch bis Mitte September kein Entgegenkommen der Arbeitgeber erfolgen, wird ver.di zu weiteren unbefristeten Arbeitsniederlegungen aufrufen.
Zusätzlich zur Gehaltserhöhung von 1 Euro pro Stunde fordert die Gewerkschaft eine monatliche Nahverkehrs-zulage von 70 Euro im Monat für die Busfahrer. "Ich finde das gerechtfertigt, wenn man bedenkt, welch anstrengende und verantwortungsvolle Arbeit wir täglich, vor allem bei Stadtfahrten, leisten", sagt der 54-jährige Busfahrer Joachim Schenk, angestellt beim Stadtverkehr RSV Reutlingen. Schenk will auch beim nächsten Streik wieder dabei sein. "Das ist unsere Lohnrunde, selbstverständlich mache ich mit."
Der 53-jährige Busfahrer Abdullah Tas arbeitet seit 30 Jahren bei den Ludwigsburger Verkehrslinien, er hat mitgestreikt und ist in der ver.di-Tarifkommission. "Unsere Lohnforderung und die Zulage sind richtig. Wir haben jeden Sommer viele Baustellen, immer. Das ist schon stressig, mit den vielen Verspätungen und den Staus", sagt Tas.
Rudolf Hausmann, ver.di-Verhandlungsführer, kritisierte die Rückwärtsrolle der Arbeitgeber: "Ein für beide Seiten akzeptabler Abschluss lag nach der Sondierungsrunde am 11. Juli auf dem Tisch und wurde von ihnen wieder weggewischt." Das Urabstimmungsergebnis zeige deutlich, dass die Fahrerinnen und Fahrer sich so nicht behandeln lassen. Den nun im Herbst drohenden Arbeitskampf habe der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) selbst zu verantworten, könne ihn aber nach wie vor verhindern. Dazu müssten die Arbeitgeber im eigenen Lager die nötige Überzeugungsarbeit leisten, denn an der fehlenden Zustimmung durch die Tarifkommission der Arbeitgeber sei letztendlich die Einigung gescheitert. Komme es zu weiteren Streiks und damit Verspätungen für die Fahrgäste, dann hätten das die Arbeitgeber zu verantworten.