Ausgabe 07/2014
Reden, reden, reden
Gewusst wie: Kathrin Feigl, JAV-Vorsitzende bei der Commerzbank Bayern Nord, 23 Jahre, und Thomas Kühnl, stellvertretender Betriebsrats-Vorsitzender und im Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat der Commerzbank, 39 Jahre, übers Miteinander und erfolgreiche Betriebsratsarbeit
ver.di publik - Wie funktioniert bei Euch die Betreuung der JAVen, der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, und wie arbeitet Ihr zusammen?
Thomas Kühnl - Neben mir versucht unsere Jugendsekretärin bei allen Sitzungen der Jugend- und Auszubildendenvertretungen dabei zu sein. Das ist ein Luxus, den nicht jeder Betriebsrat hat, und hat den Vorteil, dass wir eine Verknüpfung zu den anderen Banken in der Region haben und so wissen, wo es Probleme gibt. Meiner Meinung nach ist eine gute Organisationsstruktur ganz wichtig. Mit Kathrin habe ich eine JAV-Vorsitzende, die sehr strukturiert arbeitet. Wir machen in jeder Sitzung Protokolle und erstellen To-do-Listen, mit denen Arbeitsaufträge erteilt werden. Wir werden im November eine JAV-Versammlung haben und danach wird es eine Azubiparty mit ver.di geben, wo wir in ungezwungenem Rahmen mit den Auszubildenden sprechen können.
Kathrin Feigl - Ja, die Organisationsstruktur bei den Sitzungen hat sich bewährt, aber auch, dass von Anfang an Thomas bei jeder Sitzung dabei ist. Im Gegenzug ist auch immer mindestens ein Mitglied von uns bei jeder Betriebsratssitzung dabei. Wir treffen uns einmal im Monat. Damit ist der stetige Austausch gegeben und durch dieses Miteinander können wir Projekte oder Themen miteinander abstimmen. Wichtig für den Erfolg der Zusammenarbeit ist auch, denke ich, dass man ganz nah an den Azubis dran ist.
ver.di publik - Welche Themen bewegen die Azubis, wie treten die Azubis an die JAV heran?
Kathrin - Wir haben eine E-Mail-Adresse, über die uns die Azubis schreiben können. Ich schaue mehrmals täglich ins Postfach. Wenn eine Anfrage da ist, dann wird sie von mir sofort oder noch am gleichen Tag beantwortet. Das läuft nebenbei, das hat sich im Laufe der Jahre so eingependelt. Wir unterliegen der Schweigepflicht und versuchen, die Probleme gleich aufzufangen. Aber wir werden erst aktiv, wenn wir grünes Licht von den Auszubildenden bekommen. Meist geht es jedoch um kleine Probleme wie: Mir wurde ein Seminar in meine Schulzeit gelegt, was kann ich machen? Oder Anfragen zum Thema Reisekosten: Ab wann darf ich eine Hotelübernachtung buchen?
Thomas - Es kommen auch Fragen rein wie: Ich habe einen weiten Fahrweg. Gibt es in meiner Filiale die Möglichkeit zu wechseln? Da schauen wir, was möglich ist. Oder Gleitzeit, wie läuft das genau? Wir sind die erste Gebietsfiliale in der Commerzbank, die es geschafft hat, in Zusammenarbeit mit der JAV eine Gleitzeit für Auszubildende zu entwerfen. Es gibt nun die Möglichkeit, die Überstunden, die abends bei irgendwelchen Veranstaltungen anfallen, so zu nutzen, dass man an einem Tag später kommen kann und das Ganze nicht einfach verfällt.
ver.di publik - Sprechen die Azubis die Themen nur per Mail an oder auch persönlich im Gespräch?
Thomas - Die letzten ein, zwei Jahre wurden wir immer wieder auch einzeln von Auszubildenden angesprochen, etwa zur Ausbildungsqualität. Das geben wir dann bei einer JAV-Versammlung in die große Runde, diskutieren und konkretisieren. Wir haben Fragebögen entworfen und von den Azubis eine gute Datenbasis dazu bekommen, welche Probleme es in der Ausbildung gibt.
Kathrin - Ich habe mit den Daten eine Präsentation zusammengebastelt und Vorschläge gemacht, was man ändern könnte. Und mit Thomas als Betriebsrat haben wir das der Geschäftsleitung präsentiert. Daraus hat sich jetzt quasi ein Projekt entwickelt, zusammen mit der Geschäftsleitung, um die Ausbildungsqualität zu verbessern.
ver.di publik - Was für Verbesserungsvorschläge sind das?
Thomas - Da sollte man vielleicht etwas allgemein zur Branche sagen. Der Stellenabbau in der Bankenbranche - das betrifft nicht nur die Commerzbank - hat natürlich auch Auswirkungen auf die Ausbildungsqualität. Durch den Personalabbau sind weniger Mitarbeiter da, die sich um die Azubis gut kümmern können. Auf der anderen Seite sind die regulatorischen Anforderungen des Gesetzgebers weiter angestiegen, wie beispielsweise das eingeführte Wertpapierberatungsprotokoll. Die Ausbildung wird also komplexer mit weniger Mitarbeitern. Hier müssen wir schauen, dass die Ausbildungsqualität nicht darunter leidet.
ver.di publik - Wie kann man die Zusammenarbeit von JAV und Betriebsrat verbessern, wenn es nicht so gut läuft? Was ratet Ihr Kolleg/innen?
Kathrin - Als JAV würde ich zum Betriebsrat hingehen und mir vom Vorsitzenden einen Termin geben lassen, damit der sich wirklich eine Stunde Zeit für ein Gespräch nimmt. Außerdem würde ich ihn darauf hinweisen, wie wichtig die Zusammenarbeit ist, denn eine JAV kann ja ohne Betriebsrat eigentlich nicht arbeiten. Also ich denke, da hilft nur: Reden, reden, reden.
Thomas - Für den Betriebsrat hat es auch Vorteile, wenn man eine starke JAV hat, weil man sich um die Tagesanfragen nicht kümmern muss. Eine gut organisierte JAV kann das abfangen, wenn sie gut eingebunden ist. Grundlage ist aber auch die Ausbildung der JAV. Ich muss als JAV wissen, was habe ich für Rechte, was habe ich für Pflichten.
ver.di publik - Welche Erfahrungen hast Du als JAV-Vorsitzende mit den ver.di-Seminaren gemacht?
Kathrin - Nur positive. Ich empfehle allen neuen JAVis, das JAV 1-Seminar von ver.di zu besuchen, das macht sehr viel Spaß und ist lehrreich. Es ist ein Stützenseminar, man bekommt alle gesetzlichen Grundlagen gelehrt und somit einen Überblick, was darf ich, was darf ich nicht, was muss ich. Dann gibt es auch das JAV 2 und JAV 3, die bauen aufeinander auf. Ich empfehle jedem Gremium, seine Mitglieder hinzuschicken. Die Seminare dauern zwar eine Woche, aber die Zeit ist es wert.