Student/innen protestieren auf der Demonstration des italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL am 24. Oktober gegen die Pläne der Regierung

Während im Senat die Arbeitsmarktreform "Jobs Act" der Regierung von Matteo Renzi (PD, Demokratische Partei) verabschiedet wurde, ist es auf den Straßen Roms wie so oft in diesen Tagen zu heftigen Protesten gekommen. Mit Schlagstöcken und Tränengas hielt die Polizei wütende Studenten und Arbeitslose vom Regierungsgebäude fern. Die Regierung will die Unternehmen mit der "Jobs Act"-Reform dazu bewegen, mehr Menschen einzustellen, um so die hohe Arbeitslosenquote zu senken. Vor allem viele junge Leute sollen davon profitieren, sind doch in Italien mehr als 40 Prozent der unter 25-Jährigen ohne Arbeit. Zentrales Element der Reform ist die Lockerung des Kündigungsschutzes, die Aufweichung des Artikels 18, was vor allem bei den Gewerkschaften auf heftigen Widerstand stößt.

"Jeden Tag wird schon jetzt vielen Menschen bei uns problemlos gekündigt, aber mit einer Begründung", sagt Enzo Bernardo vom Gewerkschaftsbund CGIL. Das neue Gesetz sieht vor, dass das in Zukunft auch ohne Begründung möglich ist. "Der Artikel 18, eine elementare Errungenschaft der italienischen Arbeiterbewegung, soll ausgehöhlt werden." Das neue Gesetz "Jobs Act" sei wie ein leeres Haus, urteilt Bernardo. Die Lockerung des Kündigungsschutzes sei beschlossen, es gebe viele Versprechungen, aber "es werden noch Monate vergehen, bis es zur konkreten Ausarbeitung und Umsetzung der Reform kommen wird". Die Regierung habe so einen Blanko-Scheck, um das Gesetz mit Inhalt zu füllen, ohne weitere Abstimmungen und Korrekturen im italienischen Parlament.

Eine neue Form des Arbeitsvertrags, der sogenannte "Vertrag mit erhöhtem Schutz", soll die vielen verschiedenen Arbeitsverträge ersetzen und für mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Und in der Tat können die Beschäftigten ohne den Artikel 18 künftig jederzeit ohne Begründung mit einer Abfindung entlassen werden.

Mehr prekäre Beschäftigung

In der CGIL-Zentrale ist angespannte Betriebsamkeit zu spüren. Der Generalstreik am 12. Dezember wird hier zusammen mit der Gewerkschaft UIL vorbereitet - unter dem Slogan "So geht das nicht".

Früher war ein Generalstreik in Italien ein starkes Druckmittel, um Regierungen zu Fall zu bringen. Heute gehe es den Gewerkschaften vor allem darum, so Bernardo, der Regierung verständlich zu machen, dass sie nicht die Mehrheit der Bevölkerung für ihre neoliberalen Reformen hinter sich hat. Ein Generalstreik ist teuer, vor allem für die Beschäftigten, die auf ihren Lohn für diesen Tag verzichten müssen, aber er ist ihnen wichtig, um der Regierung zu zeigen, dass sie eine andere, gerechtere Politik wollen.

In Italien arbeiten immer mehr Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, mit Werkverträgen oder in Leiharbeit. Selbst Berufsgruppen wie Ärzte und Lehrer/innen sind davon betroffen. Die meisten prekär Beschäftigten im Land stehen vor dem Nichts, wenn sie ihren Job verlieren. Sie bekommen nicht einmal ein Minimum an Arbeitslosengeld.

Regierungschef Matteo Renzi, der offen und ungeniert mit dem früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi paktiere und die Opposition düpiere, mache eine ganz klar gewerkschaftsfeindliche Politik, sagt Enzo Bernardo. Renzos Politik sei mehr christdemokratisch als sozialdemokratisch, was selbst in seiner Partei bei der Verabschiedung der "Jobs Act"-Reform zu Zerwürfnissen führte. Doch Renzi mache deutlich, dass er die Macht der Gewerkschaften im Land auf jeden Fall vermindern will. Dabei habe seine Regierung mit einer derartigen Arbeitsmarktreform kein Mittel in der Hand, das Land aus der tiefen Krise zu führen.

"Arbeitsplätze schafft man nicht durch ständige Gesetzesänderungen, sondern durch wirtschaftspolitische Maßnahmen", sagt Enzo Bernardo. Deutsche Unternehmen scheuten Investitionen bisher schließlich nicht wegen des Kündigungsschutzes, sondern mieden Italien hauptsächlich wegen der Korruption und der Mafia. Jüngstes Beispiel: Anfang Dezember hat die Justiz in Rom und der Region Lazium ein weitverzweigtes Korruptionsnetz aufgedeckt. Mafiosi, Kriminelle, aber auch rechte und linke Politiker wurden verhaftet.