Drei Milliarden Euro Gewinn - man möchte meinen, da ist genug Geld für alle da. Weit gefehlt: Nur für die Aktionäre steigen die Gewinne, bei den Beschäftigten wird gespart

Lauter Erfolge verkündete der Chef der Deutschen Post AG (DPAG), Frank Appel, Ende Mai bei der Hauptversammlung des weltweit agierenden Konzerns: Alles läuft prima bei der gelben Post, die Gewinne steigen, es geht aufwärts. Allerdings nur für die Aktionäre. Appel bestätigte die Gewinnziele, die für 2015 bei knapp drei Milliarden Euro liegen. Und wie von ihm vorgeschlagen, wird die Dividende auf 85 Cent pro Aktie erhöht. Das wird insbesondere den Bund freuen, der noch 21 Prozent der Anteile an dem Ex-Staatsunternehmen hält.

Um 20 Prozent niedrigere Löhne

Doch bezahlt werden Gewinne und Dividende von den Beschäftigten. In seiner Rede auf der Hauptversammlung sprach Appel von "erheblichen Wettbewerbsnachteilen bei den Lohnkosten". Die für ihn logische Folge: Hier muss gespart werden. Die Deutsche Post hat dazu Anfang des Jahres 49 Regionalgesellschaften unter dem Dach der neuen Tochter DHL Delivery GmbH gegründet. Dort eingestellt werden nun vornehmlich Postbeschäftigte, die bislang mit Befristungen hingehalten wurden. Doch die neue Festanstellung hat ihren Preis. Die Löhne liegen 20 Prozent unter denen, die ver.di zuletzt mit der DPAG ausgehandelt hat.

Die Postbeschäftigten sind sauer über diesen Vertragsbruch. Mittlerweile legen sie täglich die Arbeit nieder, sorgen für erhebliche Störungen in der Paket- und Briefzustellung. Unbefristet. Damit erinnern sie ihren Arbeitgeber daran, dass sie auf Kurzpausen und arbeitsfreie Tage verzichtet haben. Im Gegenzug hatte die Deutsche Post AG zugesichert, in maximal 990 Bezirken die Zustellung von Briefen und Paketen an externe oder konzerninterne Unternehmen zu vergeben. Doch davon weicht die DPAG jetzt ab. Daher wollten die Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich nur noch 36 statt bisher 38,5 Stunden arbeiten, um den Vertragsbruch zu kompensieren, und in der laufenden Entgeltrunde 5,5 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Einsatz von Streikbrechern

Hinzu kommen weitere Tricksereien der DPAG. So setzt sie Beamt/innen zum Streikbruch ein. Auf freiwilliger Basis, sagt das Unternehmen. Dieser Auffassung ist auch das Bonner Arbeitsgericht gefolgt, bei dem ver.di eine Einstweilige Verfügung gegen den Einsatz der Beamt/innen als Streikbrecher erwirken wollte. Geht die Gewerkschaft doch davon aus, dass der Einsatz oft nicht freiwillig erfolgt, sondern per Dienstanweisung angeordnet wird. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streitfalls hat das Arbeitsgericht eine Berufung zugelassen. Gleichzeitig hat die Deutsche Post zuvor den vom Gericht vorgelegten Vergleichsvorschlag abgelehnt. ver.di bedauert die Ablehnung des Vergleichs, er hätte für beide Seiten Rechtssicherheit geschaffen.

"Für uns alle ist nach dem Vertragsbruch durch den Aufbau der DHL Delivery GmbH klar: Ohne einen rechtssicheren Schutz vor der Fremdvergabe gibt es für die Beschäftigten der Deutschen Post AG keine Sicherheit."

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender

Auch den Einsatz von Leiharbeiter/innen als Streikbrecher wirft ver.di dem Unternehmen vor. Da dieser rechtlich nicht zulässig ist, würden sie über Werkverträge oder nicht vom Streik betroffene Tochtergesellschaften angeheuert. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske warnte bei einer Kundgebung anlässlich der Hauptversammlung vor einer Spaltung des Betriebes und der Belegschaft. "Für uns alle ist nach dem Vertragsbruch durch den Aufbau der DHL Delivery GmbH klar: Ohne einen rechtssicheren Schutz vor der Fremdvergabe gibt es für die Beschäftigten der Deutschen Post AG keine Sicherheit", so Bsirske.

Kein Millimeter Bewegung

Seit Mitte März haben bereits sechs Verhandlungsrunden stattgefunden. Diese wurden von bundesweiten Streikmaßnahmen begleitet, an denen sich seit dem 1. April mehrere Zehntausend ver.di-Mitglieder aller 49 Niederlassungen und des Internationalen Postzentrums der Deutschen Post AG beteiligt haben. Inzwischen haben sich die Warnstreiks zu einem unbefristeten Streik ausgeweitet, nachdem die Arbeitgeber ein weiteres Entgegenkommen seitens ver.di unbeantwortet ließen. "Die Deutsche Post AG hat sich in den bisher sechs Verhandlungsrunden keinen Millimeter in Richtung einer Lösung des Konfliktes bewegt, sondern im Gegenteil ein von uns zur Befriedung vorgelegtes Gesamtangebot ignoriert. Wir müssen den Druck nun massiv erhöhen", sagt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.

Das zuletzt von ver.di gemachte Angebot hatte eine Rückführung der von der Deutschen Post AG für die Zustellung gegründeten 49 Regionalgesellschaften in den Haustarifvertrag vorgesehen, eine Verlängerung der Schutzregelungen zu Kündigungen und Fremdvergabe, den Verzicht auf eine lineare Einkommenserhöhung in diesem Jahr und eine strukturelle Veränderung der Entgelttabelle für alle neu eingestellten Beschäftigten. Sie sollten künftig nicht mehr nach zwei, sondern erst nach drei Jahren in die jeweils nächsthöhere Stufe aufsteigen können. Die Deutsche Post AG hat dieses Angebot nicht angenommen, die ver.di-Konzerntarifkommission nun das Scheitern der Verhandlungen erklärt.

Mit der Gründung der regionalen Zustellgesellschaften hat die Post den Beschäftigten Schutz und Sicherheit entzogen und macht sich auf den Weg, ein hochgradig leistungsfähiges Zustellnetz zu zerschlagen. Das sorgt in der Belegschaft jetzt für massiven Protest.

Unterbezahlte Nachtarbeit

DHL Hub Leipzig GmbH - Sie hatten nur eine Nacht gestreikt, 1000 DHL- Beschäftigte am zentralen DHL-Paketknotenpunkt am Leipziger Flughafen, vom 30. September auf den 1. Oktober 2014. Und eine auf den ersten Blick tolle Lohnsteigerung erkämpft. Für die rund 3500 Beschäftigten wurden zum 1. Dezember 2014 die Entgelte um 4,7 Prozent erhöht, zum 1. Dezember 2015 werden sie um weitere 4,3 Prozent angehoben. Auch die Ausbildungsvergütungen steigen entsprechend.

Doch trotz allem stimmt der Stundenlohn immer noch nicht, denn nach wie vor sind viele der 3500 Beschäftigten auf die Aufstockung durchs Arbeitsamt angewiesen. Was auf Kosten der Steuerzahler/innen geht. Das Problem: Die meisten DHLer in Leipzig sind nur in Teilzeit von 28 bis 35 Stunden beschäftigt und in der Summe der Stunden reichen ihre Einkommen am Ende eben nicht. Da nützt es auch nichts, dass die Beschäftigten einen Stundenlohn über 8,50 Euro haben.

Die DHL Hub Leipzig GmbH am Leipziger Flughafen ist ein Tochterunternehmen des Postkonzerns und schlägt die weltweite Fracht am europäischen Luftdrehkreuz des Konzerns in Leipzig um. Dort wird weitestgehend nur in einem engen Zeitfenster in der Nacht gearbeitet, wenn die Frachtflieger bestückt und auf den Weg gebracht werden. Für die Beschäftigten heißt das, dass sie gar nicht in Vollzeit arbeiten können. Deshalb sind ihre Löhne nach wie vor nicht ausreichend. Auch die Nachtschichtzuschläge sind nur mäßig. Ihre Beschäftigungsverhältnisse sind weiterhin prekär.

Die DHL Hub Leipzig GmbH ist ein frühes Beispiel dafür, wie die Deutsche Post AG Tochtergesellschaften gründet, in denen sie dann nicht existenzsichernde Arbeitsplätze schafft. Mit einem Haustarifvertrag, der deutlich unter dem Konzernniveau liegt. Die gleichen Fakten will sie nun mit den 49 ausgegründeten Regionalgesellschaften schaffen, über die in Zukunft vollständig der inländische Paketdienst laufen soll. pewe

"Für uns alle ist nach dem Vertragsbruch durch den Aufbau der DHL Delivery GmbH klar: Ohne einen rechtssicheren Schutz vor der Fremdvergabe gibt es für die Beschäftigten der Deutschen Post AG keine Sicherheit."

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender

Unterbezahlte Nachtarbeit

DHL Hub Leipzig GmbH - Sie hatten nur eine Nacht gestreikt, 1000 DHL- Beschäftigte am zentralen DHL-Paketknotenpunkt am Leipziger Flughafen, vom 30. September auf den 1. Oktober 2014. Und eine auf den ersten Blick tolle Lohnsteigerung erkämpft. Für die rund 3500 Beschäftigten wurden zum 1. Dezember 2014 die Entgelte um 4,7 Prozent erhöht, zum 1. Dezember 2015 werden sie um weitere 4,3 Prozent angehoben. Auch die Ausbildungsvergütungen steigen entsprechend.

Doch trotz allem stimmt der Stundenlohn immer noch nicht, denn nach wie vor sind viele der 3500 Beschäftigten auf die Aufstockung durchs Arbeitsamt angewiesen. Was auf Kosten der Steuerzahler/innen geht. Das Problem: Die meisten DHLer in Leipzig sind nur in Teilzeit von 28 bis 35 Stunden beschäftigt und in der Summe der Stunden reichen ihre Einkommen am Ende eben nicht. Da nützt es auch nichts, dass die Beschäftigten einen Stundenlohn über 8,50 Euro haben.

Die DHL Hub Leipzig GmbH am Leipziger Flughafen ist ein Tochterunternehmen des Postkonzerns und schlägt die weltweite Fracht am europäischen Luftdrehkreuz des Konzerns in Leipzig um. Dort wird weitestgehend nur in einem engen Zeitfenster in der Nacht gearbeitet, wenn die Frachtflieger bestückt und auf den Weg gebracht werden. Für die Beschäftigten heißt das, dass sie gar nicht in Vollzeit arbeiten können. Deshalb sind ihre Löhne nach wie vor nicht ausreichend. Auch die Nachtschichtzuschläge sind nur mäßig. Ihre Beschäftigungsverhältnisse sind weiterhin prekär.

Die DHL Hub Leipzig GmbH ist ein frühes Beispiel dafür, wie die Deutsche Post AG Tochtergesellschaften gründet, in denen sie dann nicht existenzsichernde Arbeitsplätze schafft. Mit einem Haustarifvertrag, der deutlich unter dem Konzernniveau liegt. Die gleichen Fakten will sie nun mit den 49 ausgegründeten Regionalgesellschaften schaffen, über die in Zukunft vollständig der inländische Paketdienst laufen soll. pewe