Seit Januar 2015 muss der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden - ganz reibungslos geht das nicht. Im Callcenter Teleperformance am Standort Görlitz mit 900 Beschäftigten gibt es Streit mit der Geschäfstführung. Dort geht es nicht darum, dass der gesetzliche Mindestlohn umgesetzt wird, sondern wie.

Mit der Gehaltsabrechnung für Januar 2015 stellten die Beschäftigten fest: Es ist alles wie gehabt, keine 8,50 Euro pro Stunde für die Tätigkeit als Call-Center-Agent. 1000 Euro Bruttogehalt bei einer 40 Stundenwoche, da kommen nur bescheidene 5,78 Euro pro Stunde heraus. Dazuzurechnen sind noch arbeitsvertraglich vereinbarte Bonuszahlungen in unterschiedlicher Höhe.

Seitens des Unternehmens wurden Nachzahlungen angekündigt, aber auch die waren nicht hinreichend, und die Kolleg/innen gaben sich nicht zufrieden. Nun lautet die Erklärung: Das Unternehmen ist der Auffassung, dass ein Sockelbetrag der Provisionszahlung ein mindestlohnwirksamer Gehaltsbestandteil sei.

Der Ärger ist nicht zu Ende

Doch mit der Betriebsvereinbarung zur Regelung der variablen Vergütungsbestandteile hatte sich der Arbeitgeber bereit erklärt "eine leistungsabhängige Bonuszahlung sowie eine Anwesenheitsgratifikation monatlich zum laufenden Entgelt zu gewähren".

Diese Situation war der Auslöser für die ersten Geltendmachungen von ver.di gegenüber der Geschäftsführung. Je nach Bruttomonatsgehalt und Stundenanzahl büßten die Beschäftigten in den ersten zwei Monaten zwischen zirka 50 bis zu 600 Euro ein, sagt Christel Tempel, die zuständige Landesbezirksfachbereichsleiterin. Ab dem 1. Mai gilt nun eine neue Betriebsvereinbarung Bonus, die auch die Nachberechnung des Mindestlohnes für den Zeitraum 1. Januar bis 30. April 2015 beinhaltet. Tempel: "Es heißt: Für die Monate Januar bis März 2015 werden bei einer 40 Stundenwoche ein Bruttobasisgehalt in Höhe von jeweils 1450 Euro plus eine feste pauschalierte Bonuszahlung von 80 Euro gezahlt, für April ein Bruttogehalt in Höhe von 1542 Euro, welches bereits pauschal sämtliche Bonusansprüche abdeckt."

Doch auch darüber sind die Beschäftigten verärgert. Denn all jene, die je nach Projekt und Auftraggeber bedeutend höhere Boni erreichten, werden jetzt heruntergestuft - auf bis zu 500 Euro weniger. Nun soll mit Hilfe von ver.di rechtlich geklärt werden, ob die Boni, wie es in der Betriebsvereinbarung steht, auf den Mindestlohn angerechnet werden. Christel Tempel: "Wir klären die Kolleginnen und Kollegen über ihre Möglichkeiten auf, empfehlen die Rechtsschutzanträge. Entscheiden muss das aber jeder für sich. Hinschauen sollen sie schon, wie in den einzelnen Betrieben der gesetzliche Mindestlohn umgesetzt wird."