Auch Karstadt-Beschäftigte reihen sich unter die Streikenden, sie wollen ihre Zukunft gesichert wissen

Die Sonne scheint an diesem Julimorgen auf die Hansestadt. Etwa 1000 Beschäftige aus dem Hamburger Einzelhandel beteiligen sich am heutigen Warnstreiktag. Mit einer symbolischen Aktion untermauern zudem 150 Demonstrierende ihre Forderung. Sie formieren sich in der Hamburger Innenstadt zu einem Herz und spannen dabei unter dem Motto "Tarifverträge schützen" Regenschirme auf. H&M, Zara, Hermes Fulfilment, Ikea, Karstadt, Toys R Us, Kaufland, Marktkauf, H&M Logistik, Real, Thalia und Otto - aus vielen bekannten Unternehmen sind Streikende dabei. Sie wollen endlich ein Tarifangebot der Arbeitgeber sehen, das ihre Arbeit wenigstens ansatzweise würdigt und schätzt.

"Die wirtschaftliche Entwicklung im Hamburger Einzelhandel ist gut", sagt Heike Lattekamp, ver.di-Fachbereichsleiterin im Hamburger Handel. "Was uns die Arbeitgeber bisher angeboten haben ist aber kein Stück vom Kuchen, sondern es sind höchstens Krümel." Das Arbeitgeberangebot ist weit entfernt von der ver.di-Forderung nach einem Euro mehr pro Stunde. Die 4. Verhandlungsrunde fand am 16. Juli nach Redaktionsschluss statt.

Karstadt, Toys R us und Real - zurück in den Tarifvertrag

Die Beschäftigten von Karstadt und dem Spielzeughändler Toys R Us haben besondere Forderungen. Die Karstadt-Beschäftigeten haben zermürbende Jahre mit Besitzerwechsel, Häuserschließungen und Kürzungsprogrammen hinter sich. Deshalb fordern sie jetzt mit Nachdruck tarifliche Regelungen, die ihre Zukunft sichern und die permanente Angst vor Arbeitsplatzverlust nehmen. Ihre Forderung lautet: Beschäftigungssicherung und Rückkehr in den Tarifvertrag.

Von tariflichen Bedingungen träumten die Kolleginnen und Kollegen von Toys R Us auch. Und jetzt sind sie aufgewacht und kämpfen ebenfalls für den Schritt in die Tarifbindung. Die Beschäftigten des US-amerikanischen Unternehmens werden derzeit bis zu 50 Prozent unter Tarif bezahlt.

Auch die Beschäftigten von Real sind seit Mitte Juni mit der Tarifflucht ihres Arbeitgebers konfrontiert. Die Metro-Tochter hat bekanntgeben, dass sie aus der Tarifbindung des Einzelhandels aussteigt. Angeblich würden Veränderungen durch die angestrebte Tarifreform zu lange dauern. Tatsächlich geht es dem Management der Metro Group jedoch darum, die Personalkosten kurzfristig zu drücken. Auf Kosten der Beschäftigten soll die Modernisierung weiterer Filialen finanziert werden, ohne etwa den Veräußerungsgewinn beim Kaufhof anzutasten, der kürzlich verkauft wurde. Die Tarifflucht bedeutet für die Beschäftigten, dass ihnen die nächste Tariferhöhung schon nicht mehr gewährt wird und neue Beschäftigte zu untertariflichen Bedingungen eingestellt werden können.

In der vierten Verhandlungsrunde Anfang Juli konnte bereits für rund 3 500 Beschäftigte im Groß- und Außenhandel eine Verbesserung erzielt werden.

  • Erhöhung der Löhne und Gehälter ab dem 1. Juli 2015 um 2,7 Prozent und ab dem 1. Mai 2016 dann um weitere 2 Prozent.
  • Die Ausbildungsvergütungen werden ab dem 1. August 2015 um 25 Euro im 1., um 30 Euro im 2. und um 35 Euro im 3. Ausbildungsjahr und ab dem 1. August 2016 um weitere 15 Euro im 1., um 20 Euro im 2. und um 25 Euro im 3. Ausbildungsjahr erhöht.
  • Für den Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis 31. Mai 2016 erhalten die Beschäftigten eine Einmalzahlung in Höhe von 90€, zahlbar spätestens mit der Entgeltabrechnung Mai 2016.

Die von den Arbeitgebern geforderte Verlängerung der Arbeitszeit an Samstagen, Heiligabend und Silvester sowie die Streichung der Zuschläge konnten verhindert werden. Somit wurde einer beginnenden Aufweichung rahmentarifvertraglicher Regelungen insgesamt eine Absage erteilt. Durch Warnstreiktage mit Anfangs 80, dann 300 Streikenden im Mai und Juni, haben die Beschäftigten auch bekräftigt, dass sie eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen nicht zulassen.