In Kliniken und Krankenhäusern arbeiten immer mehr Beschäftigte von Werkvertragsfirmen. Häufig haben sie auch Beschäftigte aus der Leiharbeit ersetzt, sagt Uwe Ostendorff, der sich für ver.di bundesweit um die Beschäftigten von Servicegesellschaften kümmert. So werden die Firmen genannt, in die die Kliniken Tätigkeiten ausgliedern, die sie früher mit eigenem Personal erledigt haben. Jetzt kaufen sie sie über Werkverträge ein. Dazu zählten aber längst nicht nur "patientenferne Dienste", wie die Geschäftsführungen gerne behaupten, mittlerweile gehöre auch der therapeutische Bereich dazu, so Ostendorff.

Ostendorff schätzt, dass insgesamt rund 20 Prozent der Beschäftigten betroffen sind, egal, welcher Träger das Krankenhaus betreibt, egal, ob es Akut- oder Rehakliniken sind.

Als Grund nennt er den Kostendruck. Die Beschäftigten der Servicegesellschaften werden meist deutlich schlechter bezahlt als die von Krankenhäusern, auch wenn die meisten Servicegesellschaften ganz oder mehrheitlich zu den Klinikgesellschaften gehören. In der Praxis führt diese Konstellation oft zu absurden Situationen (siehe Beispiele unten).

So kann eine Pflegedienstleitung den Beschäftigten einer Servicegesellschaft keine Weisung erteilen, sonst wäre das Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit. Also muss sie den Umweg über die Objektleitung der Firma nehmen. "Das geht meistens zu Lasten der Patient/innen. Sie fühlen sich oft allein gelassen", sagt Ostendorff. Dabei sei es für die Genesung wichtig, dass die Patient/innen persönlich angesprochen werden und sich wohl fühlen. Ihnen sei es oft gar nicht bewusst, dass das Klinikpersonal verschiedene Arbeitgeber habe.

Patiententransport - Ein Klinikum im Südwesten Deutschlands hat vor knapp fünf Jahren Dienstleistungen wie Reinigung, Müllentsorgung, den Wäschedienst und den Patiententransport in eine Servicegesellschaft ausgegliedert.

Patientenferne Dienstleistungen sollten die rund 80 Mitarbeiter/innen der eigens gegründeten Tochterfirma auf Werkvertragsbasis erledigen - doch warum dazu auch der Transport von Patient/innen zählt, versteht Nicole Mayer* bis heute nicht. Wie ein Paket soll sie die Patient/innen von A nach B fahren, habe ihr Chef gesagt. Doch wenn sie und ihre Kolleg/innen auf der entsprechenden Station ankommen, seien die Patient/innen oft noch gar nicht bereit für den Transport. Dazu fehle den Krankenpflegern und -schwestern häufig die Zeit. Also hilft Nicole Mayer, zieht die Patient/innen fertig an, schnürt ihnen die Schuhe, sucht die notwendigen Papiere aus den Krankenhausunterlagen und macht sich mit ihnen auf den Weg. Arbeiten, die sie eigentlich gar nicht machen darf, denn ihr Auftrag ist allein der Transport, wie bei einem Paket halt. Doch bei der Fahrt mit einem Menschen gibt es keine Routine. Und als "patientenfern" sieht Nicole Mayer ihre Tätigkeit auch nicht, schließlich hat die den ganzen Tag mit ihnen zu tun.

Handwerker/innen - Eine Berliner Klinik hat vor einiger Zeit ihre Handwerker/innen ausgegliedert. Bevor sie tätig werden, brauchen sie einen Auftrag. "Aber es ist kompliziert, diesen Auftrag zu erteilen", sagt Marlies Schulze*, die in der Pflege arbeitet. Das kostet Zeit, die ihr oft fehlt. Und bis der Reparaturauftrag abgearbeitet ist, vergehen oft noch weitere Tage. Daher greifen Marlies Schulze und ihre Kolleg/innen häufig zur Selbsthilfe und bringen eigenes Werkzeug von zu Hause mit.

Stationshilfen - Neben den Pflegekräften arbeiten in einem Klinikum im Westen der Republik auch Stationshilfen. Angestellt sie sind bei einer klinikeigenen Tochter, unter anderem verteilen sie das Essen, räumen das Geschirr nach den Mahlzeiten wieder weg, ordnen Material und bringen die Patient/innen zu notwendigen Untersuchungen oder in den Operationssaal. Kein Problem, so lange die Patient/innen fit und ansprechbar sind. Ist das nicht der Fall, ist der Transport eine hohe Verantwortung für die Stationshilfen.

Das haben auch Geschäftsführung und Pflegedienstleitung erkannt. Deswegen haben sie den oft nicht weiter medizinisch ausgebildeten Stationshilfen Kärtchen gegeben, mit deren Hilfe sie einzelne Punkte eines im Rettungsdienst verwendeten Schemas überprüfen können. Sind die Augen geöffnet? Sind sie orientierungsfähig? Reden sie? Ist das nicht der Fall, sollten die Stationshilfen den Transport ablehnen. "Ein Unding", sagt Bernhard Müller*, der auf einer der Stationen arbeitet. "Was ist, wenn da was passiert?"

Reinigungskräfte - Gisela Neunhöffer betreut für den ver.di-Bundesfachbereich Gesundheit die Beschäftigten in den Servicegesellschaften verschiedener Kliniken. Auch sie kennt viele absurde Geschichten, die sich aus der Konstruktion mit Werkverträgen ergeben. Beispiel Reinigung: Hierfür gibt es verschiedene festgeschriebene Aufträge. Schwierig wird es bei Extraarbeiten. Fällt auf einer Station eine Kaffeekanne um, kann die Krankenschwester nicht einfach eine Reinigungskraft bitten, den Kaffee aufzuwischen und die Scherben zu beseitigen. Stattdessen muss sie den Objektleiter in der zuständigen Reinigungsfirma kontaktieren. Der wiederrum ruft die Reinigungskraft an. "Im Zweifel stehen die beiden Frauen nebeneinander", sagt Gisela Neunhöffer. Oder sie muss ein Formular ausfüllen, das dann als Abrechnungsgrundlage dient. Das führe aber zu einem erheblichen Mehraufwand an Dokumentation.

Therapeut/innen - Sie arbeiten in einer ostdeutschen Klinik, als Ergo- und Physiotherapeut/in, Logopäd/in, Masseur/in, Bademeister/in oder Podolog/in. Ihre Arbeitsbedingungen sind gleich, oft sprechen sie auch ab, welcher Patient mit welcher Therapie behandelt werden muss. Doch die Absprache ist schon ein rechtlicher Graubereich, denn ein Teil der Therapeut/innen ist direkt bei der Klinik angestellt, der andere bei einer Servicetochter. Laut Werkvertrag darf die Arbeit der beiden Beschäftigtengruppen jedoch nicht in denselben Räumen stattfinden und auch nicht an denselben Patient/innen. "In der Praxis ist das oft unmöglich", sagt Hans-Gerd Schneider*, der in diesem Bereich arbeitet. Die Arbeit ist geblieben, doch wer neu eingestellt wird, der bekommt nur noch einen Vertrag mit der Servicegesellschaft. Und der hat einen gravierenden Haken: Die Beschäftigten verdienen bis zu 1.000 Euro pro Monat weniger.

Heike Langenberg

*Name geändert