Kaum liegt ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, erheben die Arbeitgeber scharfen Protest. ver.di befürwortet eindeutige gesetzliche Regelungen

Jeder Einsatz einer Reinigungskraft im Krankenhaus muss von ihrem Dienstleister in Auftrag gegeben werden, selbst wenn eine Kaffeekanne umgekippt ist und ihr Einsatz sofort erforderlich ist

Von Heike Langenberg

Die Bundesregierung möchte Leiharbeit und Werkverträge neu regeln. Dazu hat sie jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Anfang kommenden Jahres im Bundestag beraten werden soll. Doch kaum liegt der Entwurf vor, klagen Wirtschaftsverbände, die Neuregelungen seien völlig überzogen. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer redete von einem "Großangriff auf hunderttausende selbständige Unternehmen" und forderte eine generelle Überarbeitung des Entwurfs.

"Die einzigen Großangriffe, die - gedeckt von der geltenden Rechtslage zu Leiharbeit und Werkverträgen - seit Jahren stattfinden, richten sich gegen die Beschäftigten: nämlich gegen die Sicherheit unbefristeter Arbeitsplätze und gegen eine angemessene Entlohnung", erwiderte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Er spricht sich für eindeutige gesetzliche Regelungen aus, um dem Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen endlich einen Riegel vorzuschieben.

Irrwitzige Arbeitsabläufe

In vielen ver.di-Branchen zeigen sich längst die Folgen dieses Missbrauchs. Bei der Leiharbeit werden Arbeitnehmer/innen für eine bestimmte Zeit in den ausleihenden Unternehmen eingesetzt. Hier arbeiten sie wie der Rest der Belegschaft, nehmen auch Weisungen aus dem Unternehmen entgegen, das sie ausgeliehen hat. Allerdings gelten für sie oft andere Tarifbedingungen. Bei Werkverträgen übernimmt eine Firma eine bestimmte Aufgabe und erledigt dieses sogenannte Werk eigenständig und mit eigenen Mitteln, aber ohne dass die Beschäftigten der Werkvertragsfirma von Beschäftigten der auftraggebenden Firma Weisungen entgegennehmen.

In der Praxis führt das oft zu irrwitzigen Arbeitsabläufen, wie unsere Beispiele aus dem Gesundheitswesen zeigen (siehe Artikel unten). Auch im Handel sind Werkverträge weit verbreitet, zum Beispiel für das Auffüllen von Regalen. Die Post-Beschäftigten mussten während des Arbeitskampfes in diesem Jahr erleben, wie der Arbeitgeber versucht hat, mit Leiharbeitnehmern und Werkverträgen zu teilweise miesen Konditionen den Streik zu unterlaufen. Für die IT-Branche fordert der Arbeitgeberverband bitkom sogar Ausnahmeregelungen, schließlich arbeite eine "Mehrheit der selbständigen IT-Spezialisten freiwillig auf eigene Rechnung" und strebe "gar keine Festanstellung" an.

ver.di begrüßt an dem vorliegenden Gesetzentwurf, dass darin etwa das Verbot von Streikbrechereinsätzen festgeschrieben werde. Werkverträge und Scheinselbstständigkeit würden eindeutiger gegenüber Arbeitsverhältnissen abgegrenzt, und missbräuchliche Werkverträge dürften zudem nicht nachträglich in einen Leiharbeitsvertrag umgewidmet werden.

Allerdings hat der ver.di-Vorsitzende auch Kritik anzubringen. Zum Thema Leiharbeit sagt er: "Die Höchstüberlassungsdauer von eineinhalb Jahren ist zu lang, und Equal Pay erst nach neun Monaten ist zu spät." Viele Leiharbeitnehmer/innen würden weniger als drei Monate, gut zehn Prozent der Betroffenen sogar weniger als einen Monat im Unternehmen beschäftigt. Und: Bei Werkverträgen müsse die Mitbestimmung der Betriebsräte insgesamt gestärkt werden.

"Die Höchstüberlassungsdauer von eineinhalb Jahren ist zu lang, und Equal Pay erst nach neun Monaten ist zu spät"

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender