Das Bundesverfassungsgericht hat mit zwei Anfang August veröffentlichten Beschlüssen das Streikrecht gestärkt. Mit den Beschlüssen wurden insgesamt drei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

In dem ersten Beschluss ging es um zwei Verfassungsbeschwerden von Amazon. Im Kampf um einen Haustarifvertrag für den Online-Versandhändler hatte ver.di in Pforzheim und Koblenz zu Streiks aufgerufen. Dazu nutzten die Kolleg*innen die jeweiligen Betriebsparkplätze vor den Haupteingängen. Amazon sah sich dadurch in seinen Grundrechten auf Eigentum und unternehmerische Handlungsfreiheit verletzt.

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschied allerdings, dass die Gewerkschaft auf die Möglichkeit angewiesen sei, Beschäftigte anzusprechen. Nur so könne sie ihren Rechten nach Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes nachkommen. Das Bundesverfassungsgericht verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass mit der Tarifautonomie insbesondere auch der Abschluss von Tarifverträgen und Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich des Streiks verbunden seien. Auch das Bundesarbeitsgericht hatte vor zwei Jahren in diesem Fall zugunsten von ver.di entschieden. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sei es hier nur auf dem Parkplatz möglich, Beschäftigte über den Streik zu informieren. Durch dessen Größe sei es Arbeitswilligen möglich gewesen, ihr Fahrzeug abzustellen und an den Arbeitsplatz zu gelangen.

Aktenzeichen 1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19

Streikbruch im Kino

Um den Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen als Streikbrecher*innen ging es in einem weiteren Verfahren. Auch hier entschied die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, die Verfassungsbeschwerde des Arbeitgebers nicht zur Entscheidung anzunehmen.

Der Arbeitgeber, eine Kinokette, sah sich durch den Paragrafen 11, Absatz 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in seinen Grundrechten eingeschränkt. Der genannte Absatz verbietet den Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen für Streikbrucharbeiten.

Die angegriffene Regelung sei durch den Spielraum des Gesetzgebers gedeckt, argumentierten die Richter*innen. Sie verbiete nicht den generellen Einsatz von Leiharbeitnehmer*innen zu Streikzeiten, sondern nur den mittelbaren oder unmittelbaren Einsatz für Streikbrucharbeiten. Die Regelung ziele auf die grundlegende Parität der Tarifvertragsparteien ab. Aktenzeichen 1 BvR 842/17