David Bowie: Blackstar

David Bowie ist tot. Sein letztes Lebenszeichen heißt Blackstar, erschienen an seinem 69. Geburtstag. Zwei Tage später hatte der Krebs gesiegt. In Lazarus, dem letzten Videoclip, ist The Thin White Duke noch dünner und blasser. Ausgemergelt liegt er auf einem Krankenbett, tanzt knochig wie ein Skelett. Bowie wusste um seinen Tod, als er Blackstar aufnahm. So ist sein 26. Studio-Album zwar schwerlich sein musikalisch aufregendstes, aber womöglich sein berührendstes. In den nur sieben, aber bisweilen ausufernden Songs sind nun die Wut und die Ausweglosigkeit zu hören, die Verzweiflung und der Schmerz, aber auch eine entspannte Wehmut. Manches ausufernde Gitarrensolo nervt, aber Bowie singt die lauten Stücke fast so kräftig wie einst und die Balladen sogar noch zerbrechlicher. Wir hören einen Mann im vollen Bewusstsein, ein Vermächtnis zu hinterlassen. Aber wir hören neben der Vorsicht, dieses Vermächtnis final nicht mehr beschädigen zu wollen, auch vielleicht zum ersten Mal einen Bowie, der die vielen Kunstfiguren, die er als größtes Chamäleon der Popmusik erschaffen hat, aufgibt und nur mehr von sich selbst erzählt. Das schnürt einem bisweilen den Atem ab. Thomas Winkler

CD, Columbia/Sony


Il Civetto: Il Civetto

Sich als U-Bahn-Musiker in Berlin durchzuschlagen, ist kein leichtes Geschäft - die Konkurrenz schläft nicht. Da sind, wie immer in der Musik, das Timing und der Look entscheidend. Also bestiegen vor vier Jahren zunächst zwei von fünf hübschen Jungs aus Berlin die berühmte U-Bahnline 1, und zwar erst nächtens. Mit zwei Gitarren stimmten sie ihren fröhlichen Folkore-Partymix an, das europäische Textkauderwelsch verstand kein Mensch. Dafür aber ihre handgemachte Wegebier-Musik. Von lostanzenden U-Bahn-Gästen ermutigt, komplettierte sich die Band bald um Saxophon und Klarinette, Ukulele und Perkussion. Enthusiasmierte Fahrgäste buchten sie für Privatpartys, Konzerte in einschlägigen Clubs in ganz Europa folgten. Inzwischen singen ihre Fans das lustige Quatsch-Esperanto der fünf Stimmungskanonen Wort für Wort mit. Rund 250 Konzerte später hat die Band zum Berliner Label Eastblok gefunden. Nun gibt es ein Debütalbum mit 14 Songs zwischen Ost-Chanson und Polkaseligkeit. Per Crowdfunding entstand das Video zu ihrem Hit Baba Che: Gedreht in der "Blutwurstmanufaktur", einem Kult-Metzger in Neukölln, ist es eine verspielte Liebesgeschichte à la Girl trifft attraktiven osteuropäischen Wirtschaftsflüchtling, und alle sind happy. Bis auf den Schlachter. Jenny Mansch

CD, Eastblok


Paris Combo: 5

Darf man von einer Band, die sich mit dem Namen ihrer Heimatstadt schmückt, erwarten, dass sie auch in musikalischen Genres der Seine-Metropole zu Hause ist? Bei diesem Quintett auf jeden Fall! Die Paris Combo mit ihrer Frontfrau Belle Du Berry und dem australisch-stämmigen Pianisten und Trompeter Davis Lewis begeistert seit zwei Jahrzehnten mit ihrem eigenständigen und dennoch charmanten Mix aus Chanson, Kabarett, Musette-Walzer und Swing à la Django Reinhardt. Allerdings ohne in die Nostalgie-Falle zu tapsen. Im Gegenteil, die Multikulti-Combo ist sich zwar der großen musikalischen Traditionen der französischen Hauptstadt bewusst, überführt diese jedoch, um Latin Flavour und die Rhythmen des Orients erweitert, stilsicher ins moderne kosmopolitische Leben. Das alles im bewährten Akustik-Sound. Perfektes musikalisches Handwerk statt Studio-Trickserei. Daher auch der weltweite Erfolg des Quintetts. Denn so französisch-pariserisch die Combo auch sein mag, sie hat etwas, das überall ankommt - von Hollywood bis nach Fernost. Ein Markenartikel, der in keine Schublade passen will. Peter Rixen

CD, Crystal / Harmonia Mundi