"Ohne Kultur ist Hamburg nichts"

Eine ernst zu nehmende Metropole braucht eine lebendige Kulturszene. Dazu gehören starke Institutionen und Künstler/innen. Damit Hamburg sich nicht zur Harley-Days-Queen-Mary-Stadt entwickelt, muss investiert werden - in Kultur.

Der Kulturetat ist mit Abstand der kleinste Haushaltstitel in der Freien und Hansestadt Hamburg. Die Mittel sind begrenzt, auch wenn der Senat bereits entschieden hat, dass für die Eröffnung und den Betrieb der Elbphilharmonie zusätzliches Geld bereitgestellt wird. "Wir fordern eine deutliche Aufstockung des Kulturhaushaltes. Vor allem müssen die tariflichen Personalkostensteigerungen von der Kulturbehörde voll ausgeglichen werden", sagt Bettina Vehrs, Betriebsratsvorsitzende des Thalia Theaters. Beschäftigte vieler städtischer Kulturbetriebe werden nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst (AVH) vergütet. Bei den Warnstreiks im April haben sich Beschäftigte der Bücherhallen, städtischen Theater und Museen bereits zusammengefunden: "Kulturgut sichern - Tariferhöhungen voll ausgleichen" war das begleitende Motto.

Die Leuchttürme

"Ohne Kultur ist Hamburg nichts", gab Kultursenatorin Barbara Kisseler einst bei ihrer Befragung im Rahmen des Kulturforums auf Kampnagel zu Protokoll. Hamburg will als Kultur- und Musikstadt begeistern. "Leuchtturm-Projekte" wie die Elbphilharmonie sollen den Ruf der Stadt als Kulturmetropole weit über die Grenzen tragen. Die Stadt verfügt über zahlreiche Kultureinrichtungen, Oper, Theater, Museen, Orchester und eine lebendige Szene von Kunst- und Kulturschaffenden. Kulturelle Bildung bedeutet aber weitaus mehr. Sie ist eine Voraussetzung für Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftliche Teilhabe: Öffentliche Bücherhallen, Stadtteilkulturzentren und Bürgerhäuser sind auch Orte des Lernens, der Begegnung und des Austausches. Museen, Deutschlands größtes Privattheater, das Ernst Deutsch Theater, das Traditionshaus Ohnsorg und viele kleine Off-Bühnen, die Internationale Kulturfabrik Kampnagel sowie zahlreiche freie Gruppen prägen den guten Ruf Hamburgs als Kulturstadt wesentlich mit. Bei fast allen aber fehlen finanzielle Mittel in großem Umfang.

"Weil wir die Tarifsteigerungen zum größten Teil selbst aus dem Betriebshaushalt finanzieren sollen, werden dringend notwendige Stellen nicht mehr besetzt, der Arbeitsdruck steigt, die künstlerische und pädagogische Qualität sinkt", berichten Betriebs- und Personalräte aus ihren Häusern. "Schon seit Jahren ersetzen wir Menschen durch Maschinen. Wenn wir nicht mehr Mittel aus der Behörde erhalten, drohen massive Einschränkungen von Öffnungs- und Servicezeiten, oder noch schlimmer: Schließungen von Filialen", befürchtet Katrin Runge, Betriebsratsvorsitzende der Öffentlichen Bücherhallen.

Viele Beschäftigte in Kultureinrichtungen erhalten jedoch noch nicht einmal Tarif. "Ein aktuelles Gutachten über die Privattheater in Hamburg hat festgestellt, dass der Förderbetrag der Stadt um über 2,7 Millionen Euro angehoben werden sollte. Das ist das Minimum, um auch für die Beschäftigten nach vielen Jahren endlich wieder eine spürbare Lohnerhöhung in Aussicht stellen zu können", sagt Conny Winter, Betriebsrat bei den Kammerspielen.

Die Belegschaft von Kampnagel kämpft als städtisches Haus für gerechte Arbeitsbedingungen, die Spielstätte ist nicht tarifgebunden und das Niveau liegt rund ein Drittel unter dem der anderen städtischen Theater. Die Haushaltsberatungen für den kommenden Doppel-Haushalt 2017/2018 der Stadt beginnen mit einer Senatsvorlage nach der Sommerpause. Betriebs- und Personalräte aller Kulturbetriebe sowie Filmschaffende der ver.di Film Union haben sich im Vorfeld mit ihren Forderungen nun in einem gemeinsamen Offenen Brief an den Senat gewandt.

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