Über die Selbstverwaltung bringen ver.di-Vertreter/innen ihre praktische und branchenspezifische Erfahrung ein und helfen Menschen bei Berufsunfällen und Berufskrankheiten

Der Reha kommt eine große Bedeutung zu

Anfang des Jahres haben sich die Kliniken der Berufsgenossenschaften zu einem Krankenhauskonzern, den BG Kliniken, zusammengeschlossen. 13 Einrichtungen gehören dazu, neun Akutkliniken, zwei zur Behandlung von Berufskrankheiten sowie zwei weitere zur Unfallbehandlung. Damit ist nicht nur einer der größten Klinikkonzerne in Deutschland entstanden, mit 12.500 Beschäftigten und 550.000 behandelten Patient/innen pro Jahr, bemerkenswert ist auch, dass er gemeinnützig ausgerichtet ist.

Denn hinter dem Konzern stehen die Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungen mit ihrem Spitzenverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Säule des gesetzlichen Sozialversicherungssystems in Deutschland. Damit werden die Kliniken verwaltet von Vertreter/innen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen, denn die Selbstverwaltung ist ein wichtiges Prinzip im deutschen Sozialversicherungssystem. Gewählt werden sie bei den Sozialwahlen, zu denen auch im nächsten Jahr wieder aufgerufen wird (siehe Kasten).

Hauptaufgabe der Kliniken ist die Behandlung und Wiederherstellung von Schwerverletzten und Unfallopfern sowie von Menschen mit Berufskrankheiten. Denn versichert sind in den Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungen alle Arbeiter/innen und Angestellten, aber auch ehrenamtlich Tätige sowie Schüler/innen, Studierende und Kinder in Betreuungseinrichtungen. Dieser Versicherungsschutz gilt für Unfälle während der Arbeits-, Einsatz-, Betreuungs- bzw. Schulzeiten sowie für den Weg dorthin.

Eingerichtet auf die Maximalversorgung

Rund 1 Million Unfälle wurden im vergangenen Jahr registriert, überwiegend waren es Berufsunfälle. Zuerst werden sie in nahegelegenen Krankenhäusern versorgt. Stellen die Mediziner/innen dort fest, dass die Verletzungen schwer sind, werden die Patient/innen an die neun Akutkliniken der BG Kliniken überwiesen. Sie sind auf Maximalversorgung eingerichtet und zählen damit zu rund 90, die es bundesweit in dieser Art gibt. Selbstverständlich nehmen sie auch alle anderen Patient/innen der Umgebung auf, nicht nur die, die Anspruch auf Leistungen der DGUV haben.

"Wegen ihres gesetzlichen Auftrags haben die Kliniken einen sehr hohen medizinischen Anspruch", sagt Manfred Wirsch, ver.di-Vertreter und Vorstandsvorsitzender der DGUV. Sie arbeiten an einer integrierten Versorgung. "Die Reha beginnt am Tag nach der Operation", umreißt Wirsch das Vorgehen. Nicht umsonst seien bei den Paralympics, die zuletzt im August im brasilianischen Rio de Janeiro stattgefunden haben, auch Sportler/innen vertreten, die mal in BG Kliniken behandelt worden sind. Dazu zählt beispielsweise der Paracycler Hans-Peter Durst, der vor mehr als 20 Jahren bei einem unverschuldeten Wegeunfall verunglückt ist.

Schon bei der Behandlung werde geschaut, was eventuell an Hilfsmitteln nach der Entlassung notwendig ist. Auch diese bezahlen die Unfallkassen, ebenso wie notwendige Renten. Die Beiträge zu den Unfallkassen und Berufsgenossenschaften bezahlen übrigens die Arbeitgeber.

Niko Stumpfögger, Bereichsleiter im ver.di-Bundesfachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen, sagt, der Konzern sei einer der wenigen bundesweit, der nicht rein vom Profit her bestimmt sei. Damit nehme er eine Sonderrolle innerhalb der Krankenhäuser ein. Markenzeichen sei es, gute Medizin zu machen. Das zeige sich auch darin, dass, nach Angaben von Manfred Wirsch, pro Jahr rund 145 Millionen Euro in die Kliniken investiert werden.

Auch bei der Mitbestimmung nehmen die BG Kliniken eine Sonderrolle ein, denn als gemeinnützige GmbH fällt sie unter den Tendenzschutz. In einem Tarifvertrag, der vor rund einem Jahr mit ver.di abgeschlossen wurde, wurden weitgehende Informations- und Beteiligungsrechte festgeschrieben, zum Beispiel der Interessenvertreter/innen auf wirtschaftliche Informationen. Damit könne der Tarifvertrag Vorbild für andere Tendenzbetriebe im Gesundheitswesen sein. Lohn und Gehalt sind an den Öffentlichen Dienst angelehnt.

Die DGUV und ihre Mitgliedsorganisationen legen aber auch großen Wert auf Prävention, Vorsorge und Arbeitsschutz, um Arbeitsunfälle künftig noch weiter zu verhindern. Immerhin ist ihre Zahl seit 1992 auf ein Viertel gesunken. Dabei sei es auch wichtig, so Manfred Wirsch, dass die Selbstverwalter/innen praktische und branchenspezifische Erfahrungen einbringen. Und in Renten- und Widerspruchsausschüssen - ebenfalls paritätisch besetzt - würden auch sie dafür sorgen, dass alle zu ihrem Recht kommen. Dabei sind auch die wachsenden Belastungen, die durch die Arbeitswelt 4.0 entstehen, ein Thema für die Präventionsarbeit der Unfallkassen und Berufsgenossenschaften.

Immer wieder gibt es jedoch Forderungen, die gesetzliche Unfallversicherung zu privatisieren. Dem erteilte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske beim ver.di-Tag der Selbstverwaltung im Mai eine klare Absage. Sie müsse vielmehr als gesetzliche Unfallversicherung und selbstverwaltete Körperschaft des öffentlichen Rechts gestärkt werden, da sie sich seit mehr als 130 Jahren "hervorragend bewährt" habe.