Wer etwas bewegen will, muss selbst etwas tun

Marion Modl

Was haben eine Bankangestellte, eine Friseurin, ein Busfahrer, eine Verkäuferin, ein Kommunikationstechniker, eine Krankenschwester und eine IT-Spezialistin gemeinsam? ver.di ist ihre Gewerkschaft, sie organisiert 1.000 Berufe. Auf die Frage, ob bei dieser Vielfalt nicht das einzelne Mitglied mit seinen speziellen Wünschen und Problemen untergehe, sagt Marion Modl entschieden: „Nein!“

Seit Sommer dieses Jahres ist Modl ehrenamtliche Vorsitzende des Fachbereichs Postdienste und Logistik im ver.di-Bezirk München und organisiert mit Unterstützung der hauptamtlichen Sekretäre die Gewerkschaftsarbeit für die Brief- und Paketzusteller, Fernfahrer und Logistikmitarbeiter. Was hier gilt, gelte für alle. „Für jede Berufsgruppe gibt es eigene Fachleute, die sich besonders um berufsspezifische Interessen kümmern“, sagt Modl und verweist darauf, dass ver.di aus 13 Fachbereichen mit jeweils mehreren Fachgruppen bestehe. „Die verhandeln auch ihre Tarifverträge selbst.“

Die neue Frau in dem Ehrenamt ist 29 Jahre alt und arbeitet bei der Deutschen Post AG am Standort Starnberg. Begonnen hat sie mit der Ausbildung zur Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr, war Jugendvertreterin und in der Gesamt-JAV in der Zentrale in Bonn. Heute ist sie freigestellte Schwerbehindertenvertreterin und Betriebsrätin. Zur Post hat sie ihr Onkel gebracht, zur Gewerkschaft ein erfahrener Betriebsrat, der sie auch motivierte, aktiv zu werden. „Mitglied sein und Beitrag zahlen ist wichtig“, sagt Marion Modl, „aber wenn Gewerkschaft etwas bewegen will, müssen die Mitglieder selbst etwas tun.“

Nah am Mitglied

Der Fachbereich Postdienste und Logistik sei deshalb ganz nah am Mitglied dran. Da gibt es den ehrenamtlichen Vorstand, aber auch ehrenamtliche Betriebsgruppen und zahlreiche Vertrauensleute in den einzelnen Betrieben. „Wir vertreten etwa 7.000 Mitglieder – bei der Post sind wir immer noch am stärksten organisiert, bei anderen Zustellfirmen und bei Speditionen tun wir uns schwerer. Die Überzeugung, dass man sich organisieren muss, um etwas zu erreichen, ist leider noch zu wenig vorhanden“, sagt Modl. Entsprechend schlecht seien daher die Arbeitsbedingungen in Betrieben, in denen es weder Betriebsrat noch Gewerkschaft gibt.

Vorstandsarbeit

Im Bezirksfachbereichsvorstand stehen nicht nur betriebliche Belange auf der Tagesordnung. Der Vorstand diskutiert auch Themen wie die Integration von Flüchtlingen und beteiligt sich an Demonstrationen wie jüngst gegen das „Ausgrenzungsgesetz“ der Bayerischen Staatsregierung. Auch die Unterstützung der Gewerkschaftsjugend und der Senioren ist ein wichtiges Anliegen. Die Vorsitzende ist zudem Mitglied im ver.di-Bezirksvorstand, in dem alle Fachbereiche und Personengruppen vertreten sind.

Zusammenhalt

Ihre „größte Herausforderung“ sei der Poststreik im vergangenen Jahr gewesen: „Wir standen vier Wochen vor den Betriebstoren, der Streik ging rund um die Uhr. Das war sehr anstrengend, aber auch schön zu erfahren, dass der Zusammenhalt da ist.“ Auslöser der Streiks war ein „sozialpolitischer Anschlag“ des Postvorstandes: Durch die Ausgründung der Paketzustellung wollte die Post massiv die Löhne drücken und die Arbeitsbedingungen verschlechtern. „Die wollten Tarifverträge und Mitbestimmung aushebeln, um Gewinne zu erhöhen. Das haben wir nicht zugelassen“, sagt Modl. Streiks kosten auch Geld, denn Mitglieder haben Anspruch auf Streikunterstützung. „Mit ver.di konnten wir uns dem Angriff stellen, ohne ver.di wären wir schnell an Grenzen gestoßen.“ Und da sei es halt doch beruhigend gewesen, als Fachbereich in der großen ver.di eingebettet zu sein.

Ernst Edhofer