Serhat Girgin (links), Streikleiter bei der Firma Prosegur, und Marcus Thiele, Streikleiter bei der Firma Ziemann

München & Region – Mitte Januar wurde plötzlich das Bargeld in Münchens Geldautomaten knapp. Manche Geräte spuckten gar keine Banknoten mehr aus. Die Ursache war ein eintägiger Warnstreik der Beschäftigten im Geld- und Werttransport. Bei einem Streik über mehrere Tage wäre die Bargeldversorgung in München gefährdet gewesen.

Je nach Standort werden Geldautomaten ein- bis dreimal am Tag mit Banknoten befüllt. Früher haben das die Banken selber erledigt. Nach und nach wurden diese Aufgaben aus Kostengründen externen Geld- und Werttransportunternehmen übertragen.

In den bundesweiten Tarifverhandlungen war es ein Ziel, den bayerischen Stundenlohn von 14,38 Euro deutlich zu erhöhen. Mit rund 2.500 Euro brutto pro Monat liegt das Einkommen in Bayern weit hinter den Löhnen, die in Nordrhein-Westfalen gezahlt werden. Dort konnten die Löhne vor drei Jahren dank des hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrads deutlich verbessert werden.

Neben dem Geld ging es aber auch um Wertschätzung, wie der in München zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär Florian Pollok erklärt. „Die Arbeit der Beschäftigten, die mit Geldtransportern unterwegs sind, ist nicht leicht. Sie sitzen überwiegend in Fahrzeugen, deren Fenster sie aus Sicherheitsgründen nicht öffnen können. Durch die Münzen ist es aber auch eine körperlich schwere Arbeit. Und dann kommt noch die Gefahr von Überfällen dazu. Das ist für die Leute eine ganz große psychische Belastung.“

Das brachte Aufsehen

Die große Streikbeteiligung in Bayern war kein Selbstläufer. „Serhat Girgin von Prosegur und Marcus Thiele von Ziemann haben mit dem Streik die Früchte ihrer Vorbereitungsarbeiten eingefahren“, stellt Kai Winkler, Leiter des Fachbereichs für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im ver.di-Landesbezirk Bayern, fest. „Die beiden haben sage und schreibe ein ganzes Jahr lang die Tarifrunde vorbereitet. Sie haben mit ihren Kollegen geredet, sie in die Gewerkschaft aufgenommen und sind in Betriebsversammlungen auch anderer Betriebe aufgetreten.“

Wichtig für den Streikerfolg war, dass Marcus und Serhat die Beschäftigten der konkurrierenden Unternehmen Ziemann und Prosegur zusammengebracht haben. Dazu erinnert sich Serhat: „Marcus ist auf mich zugekommen. Wir haben uns dann erstmal privat getroffen und darüber geredet, wie wir gemeinsam die Tarifrunde vorbereiten können.“ Die beiden sind dann bei den Betriebsversammlungen des jeweils anderen Unternehmens als ehrenamtliche Vertreter der Gewerkschaft ver.di aufgetreten. „Das hat vielleicht Aufsehen erregt“, erinnert sich Serhat mit einem stolzen Lächeln im Gesicht.

Und Marcus ergänzt: „Wir sehen uns heute nicht mehr als Konkurrenten, sondern eher als Spezln und als Kumpel. Das gegenseitige Feindbild ist weg. Und das hat uns bei der Mobilisierung für den Streik geholfen.“ Und den nächsten Schritt haben Serhat und Marcus schon im Visier. Sie wollen demnächst bei der Firma GSB Security auftreten und auch deren Beschäftigte zu Spezln machen.

Der Tarifabschluss brachte am Ende eine Erhöhung der Stundenlöhne um 95 Cent. Für sich genommen ein sehr guter Tarifabschluss. Allerdings konnte damit die Angleichung an die NRW-Löhne noch nicht durchgesetzt werden. Statt sich darüber zu ärgern, haben Serhat Girgin und Marcus Thiele ihre nächsten Ziele festgelegt. Sie wollen die Streikfähigkeit in den bayerischen Betrieben noch weiter ausbauen.