Tarifrunde 2015: Aktion vor der Postbank-Filiale am Goetheplatz, nachdem sich die Mitglieder in einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik ausgesprochen hatten, um der Forderung nach Kündigungsschutz Nachdruck zu verleihen

Wollten Sie kürzlich mal zur Postbank? Standen auch Sie vor verschlossenen Türen? Das passiert leider in letzter Zeit häufiger. Auch im Raum München, ein Filialgebiet mit immerhin 23 Postbank Finanzcentern. Egal ob in Dachau, Kirchheim oder auch in der Innenstadt: Immer öfter stehen Kunden vor verschlossenen Türen. Oft hängt nur ein Zettel in der Tür, der auf "technische Gründe" verweist. In den ersten drei Wochen des Jahres gab es allein im Münchner Raum 28 Teil- und Ganztagsschließungen. Wie kommt das?

Die Postbank arbeitete bisher viel mit befristet Beschäftigten. Diese Befristungen sind im vergangenen Jahr nach und nach ausgelaufen und nicht verlängert worden. Gleichzeitig wollte die Postbank knapp 600 Stellen abbauen, um sich "fit für die Börse" zu machen, nachdem die Deutsche Bank sich von ihrer Tochter Postbank trennen will. Dieser Abbau wurde vor allem im Schalterbereich und bei den Postdienstleistungen vorangetrieben.

ver.di und die Betriebsräte versuchten mit verschiedenen Mitteln, diesen plötzlichen Personalabbau abzumildern. Vertraglich wurde das auch zugesichert, allerdings handelte die Zentrale der Postbank dann anders als verabredet. Die Auswirkungen bekommen Kunden, aber auch Beschäftigte zu spüren. In München besonders drastisch. Befristungen liefen aus, obwohl es freie Stellen gab. In anderen Teilen Deutschlands war nach Arbeitgeberrechnung noch zu viel Personal an Bord. Deshalb werden im Süden auch vakante Stellen nicht besetzt.

Arbeitgeber ungerührt

Kunden beschwerten sich zuhauf, schlugen gegen Scheiben - und Beschäftigte mussten sich nach mehrmaliger Schließung der Filiale schon einmal Fragen gefallen lassen wie: "Na, hatten Sie einen schönen Urlaub?" Mitarbeiter fühlen sich auch hin und wieder von Kunden bedroht. Und der Arbeitgeber Postbank? Er sieht ungerührt zu. Verweist auf die Kosten und die Niedrigzinsphase und verweigert die Besetzung von Stellen.

Die Postbank spricht von "digital und persönlich", und der Vorstandsvorsitzende Frank Strauß propagiert die "Flächenpräsenz", die sonst niemand habe. Gleichzeitig dünnt er das Personal in der Fläche aus. Dabei verdienen die Kolleginnen und Kollegen im Postbank-Filialvertrieb miserabel. Vom Bankentarif können sie nur träumen. Es gibt aber einen Tarifvertrag, und vor allem gibt es etwas, was eher selten ist in der Bankenbranche: einen tarifvertraglichen Schutz vor betriebsbedingten Beendigungskündigungen. Dieser läuft am 30. Juni 2017 aus.

2015 waren die Beschäftigten bereit, für den Kündigungsschutz zu kämpfen und zu streiken. Und 2017? Die Motivation, der Postbank und dem Arbeitgeber entgegenzukommen, ist im Moment sehr gering. Die Angst vor weiteren Filialschließungen und Personalabbau ist allerdings sehr hoch. Deshalb ist die Bereitschaft, auf die Straße zu gehen, ungebrochen. Gefordert wird in der diesjährigen Tarifrunde deshalb unter anderem, den Kündigungsschutz bis Ende 2022 zu verlängern. Tina Scholze