Nicht alles ist klar bei der Arbeit

Mit der Ausgliederung von Beschäftigten in sogenannte Scheinselbstständigkeit versuchen immer mehr Arbeitgeber, ihre sozialen und auch steuerlichen Pflichten zu umgehen. Das hessische Landessozialgericht hat jetzt entschieden, dass die Arbeit eines Facharztes für Anästhesiologie im OP-Bereich einer Klinik durchaus eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ist. Es sei in die Arbeitsorganisation der Klinik eingegliedert gewesen und habe dort Arbeitsgeräte der Klinik genutzt, ohne die er seine Tätigkeit nicht hätte ausüben können. Daher müssen für den Facharzt Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden. Der DGB-Rechtsschutz listet auf seiner Website zahlreiche Kriterien für eine Selbstständigkeit auf.

Aktenzeichen L 1 KR 394 / 15

Ein angestellter Taxifahrer musste im Abstand von je drei Minuten eine Signaltaste betätigen, um seine Arbeitsbereitschaft nachzuweisen. Das verlangte sein Arbeitgeber von ihm in der Zeit, in der der Mann auf Fahrgäste wartete. Nur wenn er die Taste drückte, verzeichnete das Taxameter diese Wartezeit als Arbeitszeit. Geschah das nicht, wurde diese Zeit als Pausenzeit erfasst - und die wollte der Arbeitgeber nicht bezahlen. Der Fahrer wollte das nicht hinnehmen und klagte auf Nachzahlung der Vergütung auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns.

Nach Angaben des DGB-Rechtsschutzes gab das Arbeitsgericht Berlin ihm Recht. Der Mann bekam sein Geld abzüglich der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen. Die vom Arbeitgeber vorgeschriebene Regelung sei unverhältnismäßig, das engmaschige Erfassen der Arbeitszeit sei eine nicht erforderliche und daher unverhältnismäßige Erfassung von Daten. Das verstoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Allerdings kann der Arbeitgeber gegen das Urteil noch Berufung einlegen.

"Die Überwachung von Mitarbeitern treibt immer kuriosere Blüten", sagt Till Bender vom DGB-Rechtsschutz. Die zunehmende Digitalisierung mache es dem Arbeitgeber auch möglich, Kontrolle über längere Distanzen hinweg auszuüben.

Aktenzeichen 41 CA 12115 / 16

Eine Busfahrerin, die in Deutschland arbeitet, aber in Spanien lebt, hat auch dort Anspruch auf Zahlung des Krankengeldes durch ihre deutsche Krankenkasse. Der Arzt hatte eine fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres festgestellt. Die Kasse bat die Frau daraufhin, sich telefonisch bei ihr bis zu einem bestimmten Termin zu melden. Als die Frau dem nicht nachkam, stellte die Krankenkasse am folgenden Tag die Zahlungen ein, mit dem Verweis darauf, dass sie nach ihrem Umzug nach Spanien keinen Anspruch mehr auf Leistungen habe, solange sie sich nicht in Deutschland aufhalte.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz kam aber zu dem Schluss, dass EU-rechtliche Bestimmungen vorgehen. Die Richter/innen beriefen sich auf die Verordnung 883 / 2004. Darin ist festgelegt, dass ein Versicherter, der in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedsstaat wohne oder sich dort aufhalte, Anspruch auf Leistungen habe. Hans-Martin Wischnath vom DGB-Rechtsschutz weist darauf hin, dass es immer wieder Fälle gibt, in denen Sozial-, aber auch Arbeitsgerichte europarechtliche Bestimmungen nicht beachten.

Aktenzeichen L 5 KR 135 / 16

Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind nicht pfändbar, das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt festgestellt. Sie seien ein Ausgleich für die besondere Erschwernis der Arbeit. Allerdings gelte die Nichtpfändbarkeit nicht für Schicht- oder Samstagsarbeit, weil zum Beispiel der Samstag nicht unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes steht. Till Bender vom DGB-Rechtsschutz kritisiert, dass das Bundesarbeitsgericht damit zu hohe Maßstäbe anlege. Seiner Meinung nach sind sowohl Samstags- als auch Schichtarbeit mit besonderen Erschwernissen verbunden.

Aktenzeichen 10 AZR 859 / 16

Kosten für Unterkunft und Heizung müssen auch vorläufig bewilligt werden, und nicht erst, wenn eine Räumungsklage vorliege. Nicht erst diese sorge für die - nach Meinung des Jobcenters - vorläufige Bewilligung notwendige Eilbedürftigkeit. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Ausgangspunkt sei jetzt, nach dieser Entscheidung, der Anspruch der Leistungsbeziehenden auf angemessene Unterkunft, sagt Till Bender vom DGB-Rechtsschutz. Damit werde ein realistischer und einzelfallbezogener Maßstab angelegt, der als Richtschnur für künftige Entscheidungen der Sozialgerichte dienen könne.

Aktenzeichen 1 BVR 1910 / 12

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