Ausgabe 04/2018
Am Puls der Zeit
Wolfgang Neubauer
In diesen Tagen gehen viele neue Betriebsrätinnen und Betriebsräte an die Arbeit. Tausende Beschäftigte haben sie von Anfang März bis Ende Mai bei den turnusmäßigen Wahlen in den Betrieben gewählt. Jetzt müssen sie rechtliche Grundlagen lernen wie Betriebsverfassungsrecht und Arbeitsrecht sowie Sitzungsleitung, die Kunst des Verhandelns und vieles mehr. Dabei hilft bundesweit ver.di Bildung + Beratung, ver.di b+b, eine eigenständige ver.di-Tochter. Wolfgang Neubauer leitet die Einrichtung. ver.di Publik: Ihr veranstaltet mit ver.di Hessen am 11. Juni den ersten hessischen Betriebsrätetag in Frankfurt. Wozu genau dient so ein Betriebsrätetag, was wollt ihr damit erreichen?Wolfgang Neubauer: Wir haben uns das Ziel gesetzt, mit dem hessischen Betriebsrätetag den neu- und wiedergewählten Betriebsratsmitgliedern eine erste Orientierung zu geben – mit einem weit gespannten Bogen. Zum einen geht es um die zentralen, zukunftsweisenden Themen der Arbeitswelt 4.0, das heißt: Wie verändern sich Rahmenbedingungen durch die Digitalisierung der Arbeit? Was sind dabei die Herausforderungen für die Betriebsräte? Zum anderen wollen wir in Workshops praktische Ansätze vermitteln, wie Betriebsratsmitglieder gut in die neue Amtszeit starten und was erste Schritte für den Einstieg in eine erfolgreiche Betriebsratsarbeit sein können. Ein „Markt der Möglichkeiten“ bietet ihnen viele nützliche Tipps.ver.di Publik: Welche konkreten rechtlichen, von der Politik gesetzten Themen kommen in der Wahlperiode auf die Gremien zu?Neubauer: Da ist zum Beispiel die Novellierung des Mutterschutzgesetzes, die den Arbeitgebern unter anderem aufgibt, die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze präventiv auf Risiken für Schwangere hin zu untersuchen. Oder das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das bessere steuerliche Förderung und einen verbindlichen Arbeitgeberzuschuss bei Betriebsrenten vorsieht. Ganz aktuell ist am 28. Mai die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft getreten. Sie schreibt einen verschärften Schutz von Beschäftigten- und Kundendaten in den Unternehmen vor. Hier sind die Betriebsratsgremien gefordert, die im Unternehmen abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen an die neuen Regelungen anzupassen.
Gern gesehen im Betrieb
ver.di Publik: ver.di b + b schult Mitglieder von betrieblichen Interessenvertretungen in vielen rechtlichen Themengebieten. Was bietet ihr darüber hinaus an?Neubauer: Wir sind tatsächlich mehr als ein Seminaranbieter. Gemeinsam mit ver.di begleiten und unterstützen wir die Betriebsratsgremien in ihrer Amtszeit. Wir beraten sie in Sachen Bildung und unterstützen sie in ihrer Arbeitsorganisation, im Teambuilding, in ihrer Zielfindung sowie ihrer strategischen Ausrichtung. Das hilft, Komplexität zu handhaben. Immer mehr Interessenvertretungen veranstalten regelmäßig Klausuren mit uns – ihre Rückmeldung: Sie arbeiten effizienter, zielorientierter und mit größerem Erfolg. Ein Alleinstellungsmerkmal sind unsere Tarif-Seminare. Mit ver.di sind wir am Puls der Zeit, wenn neue Tarife ausgehandelt werden. So können wir zeitnah und kompetent schulen.
ver.di Publik: Es ist ja nicht nur das Fachwissen, was den neuen oder auch schon erfahreneren Betriebsratsmitgliedern abverlangt wird. Sie begeben sich auch in eine neue soziale Rolle. Wie erlebt ihr das, wie gehen die Kolleginnen und Kollegen damit um?Neubauer: Sie beschäftigen sich meist mit ihrer Rolle, insbesondere die Vorsitzenden. Unser zentrales Anliegen ist, die handelnden Akteurinnen und Akteure für ihr Amt zu befähigen, also ihre Rolle zu definieren, ein Selbstverständnis ihres Aufgaben- und Verantwortungsbereiches zu entwickeln, Handlungsmöglichkeiten zu erkennen und Durchsetzungsfähigkeit zu erlangen. Vielen neuen Betriebsratsmitgliedern ist am Anfang noch gar nicht klar, wie umfassend und verantwortungsvoll ihre neue Rolle als Interessenvertretung im Betrieb ist. Gerade in unseren Grundqualifizierungsangeboten bieten wir deshalb hierzu vielfältige Möglichkeiten zur Auseinandersetzung und Rollenfindung an, einige davon speziell für Vorsitzende und ihre Stellvertretungen.
Interview: Ute FritzelEine ungekürzte Version dieses Interviews auf hessen.verdi.de