Heike Langenberg ist Redakteurin der ver.di publik

Die soziale Ungleichheit ist weltweit weiter angewachsen. Das ist ein Fazit einer Studie, die die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam im Januar vorgelegt hat. Stimmt gar nicht, sagen Kritiker, die den Oxfam-Bericht in Frage stellen. Schließlich sei die Zahl derjenigen, die mit weniger als 1,90 US-Dollar, umgerechnet 1,67 Euro, am Tag auskommen müssen, weiter gesunken. Stimmt, sagt wiederum Oxfam, aber das sei gar nicht der Punkt. Denn es gehe um die Verteilung der Vermögen, und die seien bei den Reichen am oberen Ende der Skala abermals angewachsen, während sie in der unteren Hälfte erneut gesunken seien.

Dieser geradezu absurd anmutende Streit zeigt auch, wie sehr Armut ein Thema einschlägiger und intensiver Lobbyarbeit von Reichen ist. Sie soll davon ablenken, wie ungleich verteilt Armut und Reichtum weltweit sind. Sechs der acht reichsten Menschen der Welt leben in den USA, 70 Prozent der ärmsten Menschen aber in Lateinamerika, Afrika und Asien. Das ist ein weiteres Zeichen für eine Spaltung der Welt. Und in den einzelnen Ländern nimmt die Umverteilung von unten nach oben meist auch kräftig zu. Das ist der nächste Punkt, von dem durch solche von Lobbyisten initiierten Randdebatten abgelenkt werden soll.

Die Frage, warum an der wachsenden Ungleichheit nichts geändert wird, beantwortet Jörn Kalinski von Oxfam Deutschland schlicht so: „Es fehlt an politischem Willen.“ Reiche können größeren politischen Einfluss nehmen und sorgen damit zum Beispiel für eine Steuergesetzgebung, die Vermögen und Unternehmensgewinne schont. In der Folge sorge diese „einseitige Orientierung auf Profit“, so Kalinski, dafür, dass Steuereinnahmen fehlen. Und damit fehlten den Staaten die Einnahmen, um der wachsenden Ungleichheit gegensteuern zu können. Zum Beispiel durch Investitionen in die öffentliche Bildung und das Gesundheitssystem.