Ausgabe 05/2019
Standort eiskalt fallengelassen
Trans-O-Flex
Trans-o-flex ist ein Logistikunternehmen, spezialisiert auf Arzneimittel, Kosmetik sowie Unterhaltungs- und Konsumgüterelektronik. Firmensitz ist das baden-württembergische Weinheim. Allenthalben in der Republik gibt es Standorte. Früher waren das Niederlassungen des Unternehmens. So auch im südhessischen Bischofsheim.
Vor 16 Jahren wurde der Konzern umorganisiert, aus den Standorten wurden eigenständige GmbHs. Sie tragen seitdem, so die trans-o-flex-Homepage, als „eigenständige Systempartner die Verantwortung“ für sich selbst. Die Niederlassung Bischofsheim hieß seitdem Distributions-GmbH 44, „Distri 44“, wie die Beschäftigten sagen. Einziger Auftraggeber: Trans-o-flex. Der hat jetzt beschlossen, dass er Bischofsheim nicht mehr benötigt und vergibt keine Aufträge mehr dorthin. Keine Arbeit – kein Betrieb. Die GmbH musste Insolvenz anmelden.
Moralisch ist das skandalös
Alle 68 Beschäftigten erhielten ohne jegliche Vorwarnung ein Schreiben, sie seien ab sofort bezahlt freigestellt. Gekündigt wurden sie bislang nicht, denn laut Betriebsverfassungsgesetz muss vorher eine Interessensausgleichsverhandlung mit dem Betriebsrat stattfinden. Die kam bis Ende Juli aber nicht zustande. Keine Kündigung, kein Arbeitslosengeld. Keine abgeschlossene Insolvenz, deshalb auch kein Insolvenzgeld. Der Geschäftsführer, den dort vorher kaum jemand jemals gesehen hatte, trat, so berichten die Beschäftigten, in den Betriebsversammlungen mit großer Unkenntnis auf. Er habe keine Arbeitsverträge gekannt und auch viele weitere Details nicht. Ihre Arbeitszeugnisse sollten die Beschäftigten praktisch selbst schreiben, da keine Personalakten vor Ort mehr vorlägen.
Was rechtlich womöglich nicht einmal zu beanstanden ist, moralisch ist es skandalös, so die zuständige Gewerkschaftssekretärin Nicole Lämmerhirt: „Die Leute werden einfach auf die Straße gesetzt, der Standort wird eiskalt fallengelassen. Die meisten Beschäftigten sind seit mehreren Jahrzehnten im Betrieb, sie sind von heute auf morgen ohne Arbeit und ohne Sicherheit.“
Mit der Insolvenz ausgelöscht wird auch einer der nach Einschätzung von Branchenkennern stärksten Betriebsräte in der Trans-o-flex-Welt. Ein Nebeneffekt, der in Weinheim sicher nicht bedauert wird.