Ausgabe 07/2019
Mindestens 515 Euro
Ab 1. Januar kommenden Jahres gilt das reformierte Berufsbildungsgesetz (BBiG). Das hat der Bundestag Ende Oktober beschlossen. "Eine längst überfällige Reform", sagt die ver.di Jugend. Eine Reform, für die die Gewerkschafts- jugend lange gekämpft hat. Und dieser jahrelange Kampf hat ein Ergebnis gebracht, auf das der gewerkschaftliche Nachwuchs durchaus stolz sein kann.
So haben alle Azubis, die eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz machen, mit Jahresbeginn erstmals Anspruch auf eine Mindestausbildungsvergütung. Das bedeutet mindestens 515 Euro im ersten Ausbildungsjahr, im vierten gibt es mindestens 721 Euro. Bis 2023 sind jährliche Steigerungen bereits festgelegt. 620 Euro bekommen die Azubis, die dann im ersten Ausbildungsjahr sind, wer in vier Jahren im vierten Ausbildungsjahr ist, kann monatlich mindestens 868 Euro verbuchen. Ab 2024 soll die Mindestausbildungsvergütung jährlich angepasst werden. Die Anpassung basiert auf der Entwicklung der bundesweiten Durchschnittsvergütung, die Daten dafür liefert das Statistische Bundesamt. "Nullrunden sind damit nicht möglich", freut sich die ver.di Jugend auf ihrer Website ausbildung.info.
Tariflich vereinbarte Ausbildungsvergütungen liegen meist heute schon über der jetzt vereinbarten Untergrenze für Azubis. Daher hilft die Mindestausbildungsvergütung vor allem dort, wo es bislang keine Tarifverträge gibt. Ist aber im Tarifvertrag bereits eine Vergütung für Azubis festgeschrieben, die unter der jetzt vereinbarten gesetzlichen Grenze liegt, gilt sie erst einmal weiter. Hier müssen starke Gewerkschaften mit ihren Mitgliedern dafür sorgen, dass die Zahlungen schnell angeglichen werden.
Nach der Berufsschule können jetzt alle Azubis nach Hause gehen, auch wenn sie älter als 18 sind. Und selbst wenn der Unterricht erst um 9 Uhr beginnt, müssen sie vorher nicht in den Betrieb. Pausen und Wegezeiten zählen mit. Bisher galt diese Regelung nur für minderjährige Azubis. Da das Durchschnittsalter eines Jugendlichen bei Beginn der Ausbildung bei 20 Jahren liegt, profitiert ein Großteil der Azubis von der Regelung. Mit Beginn des kommenden Jahres fällt Fachliteratur unter die Lernmittelfreiheit und muss nicht mehr von den Azubis bezahlt werden.
Prüfer*innen freistellen
Praxis prüft Praxis, das ist eins der Qualitätsmerkmale der dualen Ausbildung. Allerdings wird es immer schwerer, ehrenamtliche Prüfer*innen zu gewinnen. Bisher mussten sie für dieses Ehrenamt häufig Urlaub nehmen oder am Wochenende prüfen. Das neue BBiG regelt die Freistellungen für die ehrenamtlichen Prüfer*innen. Die ver.di Jugend hofft darauf, dass es damit zukünftig leichter fällt, Männer und Frauen für dieses Ehrenamt zu gewinnen. Allerdings ist die Freistellung weiterhin unentgeltlich. Die ver.di Jugend will daher weiterhin für die bezahlte Freistellung kämpfen.
Denn trotz aller Zufriedenheit mit dem reformierten BBiG sieht die Gewerkschaftsjugend noch weiteren Nachbesserungsbedarf. So fallen weder die Praxisphasen des dualen Studiums noch die betrieblich-schulischer Ausbildungen in den Geltungsbereich das BBiG. Vereinbart wurde ein Prozess von Bund, Ländern und Sozialpartner*innen, um das Thema zu bearbeiten.
"Wir haben uns in den letzten Jahren intensiv für die Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen im Berufsbildungsgesetz eingesetzt", heißt es bei der ver.di Jugend. Deren Vorsitzender Kai Reinartz weist mit Blick auf den ersten Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, CDU, darauf hin, dass die Gewerkschaftsjugend durch ihren großen Einsatz daran noch vieles verbessern konnte. Und sie wird jetzt weiter für die noch ausstehenden Punkte kämpfen.