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Von der beruflichen bis zur künstlerischen Weiterbildung habe ich schon alles gemacht. Ich führe aber nicht nur Seminare und Workshops für andere durch, lebenslanges Lernen ist auch für mich selbst notwendig. So muss ich mir nicht nur immer wieder aktuelle Fachkenntnisse aneignen, sondern das Wissen auch didaktisch aufbereiten. Hilfreich ist, dass ich gelernte Erzieherin mit Lehrbefähigung für Kunsterziehung und Werken bin. Da geht es auch um das Erreichen von Zielen, das Vermitteln von Inhalten und um die Lehr- und Lernmethoden. In diesem Beruf habe ich 17 Jahre in Greifswald mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.

Als mein Sohn in die Pubertät kam, habe ich mich zwischen meinen beruflichen Verpflichtungen, dem Lernen am Abendgymnasium und später dem Studium der Rechts- und Politikwissenschaft aufgerieben. Und als mein Lebensgefährte schwer erkrankte, konnte ich nur die wenigsten meiner Berufspläne umsetzen, weil ich ihn pflegte. Für das Hochschulstudium hatte ich von der Hans-Böckler-Stiftung ein Stipendium. Das Arbeitsamt hat mir später empfohlen, bei meinen Bewerbungen zu verschweigen, dass ich Jura studiert habe. Die Arbeitgeber würden das nicht gerne sehen, weil ich anderen Beschäftigten ihre Rechte als Arbeitnehmer erklären könnte. Ich habe nicht darauf gehört und der DGB Nord in Lübeck hat mich für Schulungen ehrenamtlicher Sozial- und Arbeitsrechtlerinnen beauftragt. Meine juristische Ausbildung war also doch kein Hindernis. Rund zehn Jahre habe ich das gemacht, unter anderem auch in Lübeck, Neubrandenburg und Schwerin. Nach dem Tod meines Lebensgefährten nahm ich weitere Seminare als Bildungsarbeiterin an.

1.000 Berufe, 1.000 verschiedene Betriebsräte

Bei ver.di bin ich in der politischen Bildung zum Thema gerechte Gesellschaft eingestiegen und habe dort nicht nur mein Fachwissen aufgefrischt, sondern auch die Methoden der Erwachsenenbildung kennengelernt und vertieft. Inzwischen arbeite ich für ver.di Bildung und Beratung und für andere Bildungseinrichtungen inner- und außerhalb von ver.di. Gesellschaft, Arbeitsrecht, Soziales, die Themen ändern sich laufend. Und 1.000 Berufe in ver.di, das bedeutet auch 1.000 unterschiedliche Betriebsräte und Gremien und immer wieder neue Gesichter in den Seminaren. Das fordert mich. Oft ist es ein sehr anstrengender, aber auch ein toller und befriedigender Job. In der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit werden noch viel mehr Frauen und junge Menschen und überhaupt viel mehr Diversität gebraucht.

In der Gruppe der Selbstständigen in ver.di engagiere ich mich für bessere Arbeitsbedingungen für uns. Wir zerreißen uns zwischen Job und unter anderem familiären Pflichten. Ein weiteres Problem ist der gemeinhin geringe Verdienst. Ich kann in Berlin zwar viele Bildungsangebote kostenlos nutzen, doch etliche Selbstständige sind wegen der Miete gezwungen, aufs Land zu ziehen. Sie können sich teure Seminare und Materialien für die eigene Weiterbildung nicht leisten. Da muss noch viel geschehen.

Protokoll: Marion Lühring, Foto: Verena Müller