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Die ver.di-Frauen beim Rundgang im BLG Logistik-ZentrumFoto: Birgit Tragsdorf

Online-Einkäufe erfreuen sich weiter großer Beliebtheit. Es ist eine wachsende Branche. Dazu sind große Logistikunternehmen in verkehrsgünstigen Lagen unabdingbar. Im thüringischen Hörsel, direkt an der A4, unterhält die Bremer Logistik Gesellschaft seit 1998 die BLG Logistics - Sports und Fashion Gmbh. Auf der 159.000 Quadratmeter großen Logistikfläche auf fünf Ebenen arbeiten 345 Beschäftigte, überwiegend Frauen. Je nach Saison kommen noch 150 bis 200 Leiharbeiter*innen dazu.

Eine der Festangestellten ist Petra Baumbach. Die Betriebsrätin hat im Februar ihre Mitstreiterinnen des ver.di-Frauenrates im Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu einem Betriebsrundgang eingeladen. Geschäftsführer Dirk Ewers und zwei Betriebsrätinnen stellten den ver.di-Frauen dabei die Abläufe am Standort Hörsel vor.

Von hier aus werden Kund*innen beispielsweise mit verkaufsfertig aufbereiteten Textilien versorgt. Trotz des hohen Automatisierungsgrads der Kommissionier-Anlagen ist die Handarbeit nicht aus den riesigen Hallen verschwunden, wie die ver.di-Frauen bei ihrem Rundgang feststellen. Sie ist vor allem in den Bereichen weit verbreitet, in denen die zurückgeschickten Waren be- und aufgearbeitet werden.

In Hörsel wird unter anderem das Retourengeschäft für Zalando abgewickelt. Petra Baumbach arbeitet in diesem Bereich. Sie packt Rücksendungen aus, begutachtet sie und beseitigt Mängel. Sie entfernt Flecken, bügelt Kleidungsstücke auf, verpackt sie neu oder putzt zurückgesandte Schuhe. Nicht immer kommen die Waren ungetragen oder unbenutzt zurück, sagt Baumbach. Die BLG stehe aber für einen sehr hohen Grad der Wiederverwendung.

18 Kilometer pro Tag

Wie es um die Arbeitsbedingungen, die Belastungen und die tariflichen Regelungen bestellt ist, diskutierten die ver.di-Kolleginnen im Anschluss an ihren Rundgang mit der Betriebsratsvorsitzenden Annette Langrock und ihrer Stellvertreterin Heike Bittner. Die Arbeit ist trotz hoher Automatisierung körperlich anstrengend. Keine Seltenheit ist es, dass Beschäftigte in acht Arbeitsstunden 18 Kilometer zu Fuß zurücklegen müssen. Das ist schon eine Langstreckenwanderung. Hinzu kommt eine starke Belastung der Hände. Etwa 40 Teile müssen pro Stunde angefasst und je nach Bedarf bearbeitet werden.

Angebote für Gesundheitstraining, Sport und Entspannung würden von den meisten Kolleg*innen nicht besonders gut angenommen, berichten die Betriebsrätinnen. Wer den ganzen Tag auf den Beinen sei, wolle diese am Abend nur noch hochlegen.

Das Besondere in Hörsel ist, dass 90 Prozent der Beschäftigten bei ver.di Mitglied sind. Der hohe Organisationsgrad liegt in erster Linie daran, dass der geltende Tarifvertrag ver.di-Mitgliedern Vorteile beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld bietet. Der größte Teil der Beschäftigten ist in die Tarifgruppe zwei eingruppiert, die nur knapp über dem Mindestlohn liegt.

Die beiden Betriebsrätinnen sagen, dass es bislang noch keinen besonders intensiven Kontakt zur Gewerkschaft gebe. Sie sehen da durchaus verschenktes Potenzial, mit einer besseren Ansprache sei künftig mehr zu machen. Ab Mai stehen Tarifgespräche an. Dabei geht es dem Betriebsrat und den Kolleg*innen vor allem auch um das Thema Altersteil-zeit, allerdings ist das Thema bei der Geschäftsführung nicht gut gelitten.

Der Logistik-Standort Hörsel wächst weiter, Fachkräfte werden gesucht. Eine bessere Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch den Tarifvertrag könnte dazu beitragen, die Arbeit attraktiver zu machen. Die ver.di-Frauen und die Betriebsrätinnen haben vereinbart, in Kontakt zu bleiben und die Beschäftigten zu unterstützen. Festgestellt haben die Besucherinnen des ver.di-Landesbezirksfrauenrates bei ihrem Rundgang auch, dass wir alle mit unserem Kaufverhalten großen Einfluss auf die Arbeitsabläufe und Handgriffe der Frauen im Betrieb nehmen können.