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Betriebsräte sind die gewählten Interessenvertretungen von Beschäftigten in Unternehmen und Betrieben. Sie sind vom Gesetz geschützt. Trotzdem gibt es immer wieder Arbeitgeber, die die Gründung von Betriebsräten und ihre Arbeit sabotieren. Behinderungen von Betriebsräten treten insbesondere dann auf, wenn Beschäftigte erstmals eine Vertretung wählen wollen. Laut einer neuen Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung versuchen Arbeitgeber, schätzungsweise jede sechste Neugründung von Betriebsräten zu behindern, obwohl das ein Straftatbestand ist.

Schikanen gegenüber Betriebsräten oder bei deren Neugründung nehmen auch in den von ver.di organisierten Branchen zu: in Callcentern, in Friseurgeschäften, in der Logistik, in Kliniken, es passiert nahezu überall. Entweder schüchtern die Arbeitgeber die Kandidaten ein, drohen ihnen gar mit Kündigung, oder sie versuchen die Bestellung eines Wahlvorstands ganz zu verhindern, wie jüngst bei der Smartphone-Bank N26 geschehen, deren Gründer vorschoben, für Betriebsratswahlen läge kein Corona-Hygienekonzept vor, und die in einem Rundschreiben offenbarten, dass ein Betriebsrat gegen ihre Werte verstoße (Bericht auf Seite 5).

Die Autoren der WSI-Studie, Martin Behrens und Heiner Dribbusch, haben auch ermittelt, wie das Repertoire der Arbeitgeberaktivitäten aussieht, um Betriebsratswahlen zu sabotieren: Die Arbeitgeber schüchtern mögliche Kandidatinnen und Kandidaten ein (69 Prozent der Fälle), versuchen die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern (66 Prozent), unterstützen ihnen nahestehende Kandidaten (43 Prozent der Fälle) und sie kündigen Kandidaten auch (17 Prozent). Zudem nehmen 40 Prozent der Arbeitgeber, die Betriebsratswahlen behindern, bei ihren Störaktionen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen in Anspruch. Zu den gängigen Maßnahmen gegen bereits gewählte Gremien gehören Versuche, Mitglieder zu kündigen (84 Prozent der Fälle), sie zum Rücktritt zu drängen (71 Prozent der Fälle), bishin zu Auflösungsanträgen beim Arbeitsgericht (in 33 Prozent der Fälle).

Ist ein Betriebsrat erst einmal etabliert, dann ist die Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung jedoch "meist gedeihlich". Knapp 60 Prozent der Beschäftigtenvertreter*innen bewerteten laut WSI-Betriebsrätebefragung das Verhältnis zum Management als "sehr gut" oder "gut", lediglich 15 Prozent vergaben die Schulnoten vier oder fünf. Mit einer guten Zusammenarbeit sind die Unternehmen gut beraten, denn: "Unternehmen mit Betriebsrat bieten bessere Arbeitsbedingungen, und sie sind im Mittel produktiver und oft innovativer als Firmen ohne betriebliche Mitbestimmung", so die Forscher. Marion Lühring

Martin Behrens, Heiner Dribbusch: Umkämpfte Mitbestimmung: Ergebnisse der dritten Befragung zur Be- und Verhinderung von Betriebsratswahlen. In: WSI-Mitteilungen 4/2020