Ausgabe 06/2020
Interessenvertretung braucht Initiativrechte
Das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) soll novelliert werden. Anfang August hat ver.di gemeinsam mit dem DGB dazu eine Stellungnahme abgegeben. Nach Ansicht der stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Christine Behle ist eine Modernisierung des BPersVG längst überfällig, schließlich sei es seit vielen Jahren nicht mehr grundlegend modernisiert worden.
Allerdings bleibe der Gesetzentwurf weit hinter den Anforderungen an eine moderne und wirkungsvolle Mitbestimmung im öffentlichen Dienst zurück. Die Arbeitswelt habe sich verändert und damit auch der Öffentliche Dienst. Immer noch bleiben die Zuständigkeiten der Personalräte begrenzt, dabei bräuchten sie umfassende Initiativrechte, um anstehende Herausforderungen wie Digitalisierung, Zentralisierung und den Umbau ganzer Behörden bewältigen zu können. Auch sei es nach dem vorliegenden Entwurf nicht möglich, Mitbestimmung durch einen Tarifvertrag auszugestalten.
Behle empfiehlt, dass sich die Mitbestimmung auch in den Behörden und Verwaltungen des Bundes am Betriebsverfassungsgesetz orientieren solle. So könne man die Mitbestimmung nachhaltig stärken. Der vorliegende Entwurf beinhalte nur wenige grundlegende Änderungen. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende kritisiert besonders die geplanten Einschnitte in der Mitbestimmung. So sollen viele Entscheidungen der Einigungsstellen nur noch empfehlenden Charakter haben. Das gelte insbesondere für Digitalisierungsprozesse. "Damit werden die Beschäftigten von der Gestaltung der Arbeitswelt zunehmend ausgeschlossen", so Behle. Hintergrund dieser Einschränkungen sei eine Entscheidung aus dem Jahr 1995.
"Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo die Zahl der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten besonders hoch ist, besteht ein erhebliches Demokratiedefizit."
Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende
Behle kritisierte zudem den im BPersVG bestehenden und auch im Referentenentwurf vorgesehenen expliziten Ausschluss arbeitnehmerähnlicher Mitarbeiter*innen von der Mitbestimmung. Dies führe dazu, dass diese Beschäftigten anders als ihre festangestellten Kolleg*innen im Betrieb keine wirksame Interessenvertretung hätten.
"Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo die Zahl der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten besonders hoch ist, besteht deshalb ein erhebliches Demokratiedefizit", sagte Behle. Es sei nicht akzeptabel, dass mehrere tausend fest-freie Mitarbeitende bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle wesentlich geringeren Schutz genössen, obwohl sie unter deutlich prekäreren Bedingungen arbeiteten als die Arbeitnehmer*innen im Betrieb. "Es wäre ein gravierender Fehler, wenn die Novellierung des BPersVG nicht dazu genutzt würde, dieser massiven Benachteiligung endlich ein Ende zu setzen", warnte die Gewerkschafterin.
Das BPersVG regelt die Mitbestimmung der Beschäftigten unter anderem in den Behörden und Verwaltungen des Bundes, aber auch bei der Bundesagentur für Arbeit, der Deutschen Renten- versicherung und einer größeren Zahl von Krankenkassen sowie in Teilen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die letzten größeren Änderungen stammen aus den 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 wurde nicht nachvollzogen.
Die Stellungnahme ist zu finden unter kurzelinks.de/g7uy hla