Bevor der deutsche Entwurf zum Lieferkettengesetz voraussichtlich am 22. oder 23. April 2021 in die 1. Lesung geht, steht eines schon jetzt fest – er bleibt weit hinter der Initiative für ein europäisches Lieferkettengesetz zurück. Am 10. März hat eine große Mehrheit des Europäischen Parlaments dem sogenannten "legislativen Initiativbericht" über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen zugestimmt. Damit ist die EU-Kommission aufgefordert, ein EU-Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen. EU-Justizkommissar Reynders will den Entwurf dazu im Juni vorstellen.

Im Gegensatz zum deutschen Entwurf soll das EU-Gesetz nicht erst ab 1.000 Beschäftigten in einem Betrieb angewendet werden, auch kleine und mittlere Unternehmen, die an der Börse notiert oder in Risikosektoren tätig sind, sollen einbezogen werden. Und die EU-Regelung soll auch nicht nur für Unternehmen mit Sitz in der EU gelten, sondern für alle Unternehmen, die in der EU Geschäfte machen.

Ein Gesetz für alle Unternehmen

Auch im Punkt zivilrechtliche Haftung geht der EU-Entwurf deutlich weiter. Die EU-Mitgliedsstaaten sollen in Zukunft dafür sorgen, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen vor europäischen Gerichten Schadensersatz einklagen können. Und dabei soll nicht das Recht des Landes, in dem der Schaden entstanden ist, angewendet werden, sondern europäisches Recht.

Des Weiteren erfasst der EU-Entwurf die gesamte Wertschöpfungskette und nicht nur die direkten Vertragspartner, wie es der deutsche Entwurf bisher vorsieht. Auch bezüglich Schäden an der Umwelt geht der Entwurf der EU deutlich weiter, er fordert eine eigenständige umweltbezogene Sorgfaltspflicht. Menschenrechtsverletzungen durch Umweltzerstörungen wären dann nicht mehr so einfach möglich.

Die Initiative Lieferkettengesetz, in der sich mittlerweile rund 125 Organisationen einschließlich ver.di zur Einführung eines deutschen Lieferkettengesetzes zusammengeschlossen haben, unterstützt den EU-Vorstoß. Ein deutsches Lieferkettengesetz dürfe nicht hinter dem EU-Gesetz zurückbleiben. Am 15. März hat die Initiative einen "Lieferkettenbrief" gestartet. Mit ein paar Klicks und der Eingabe der Postleitzahl des persönlichen Wohnorts können die Forderungen der Initiative zur Verbesserung des deutschen Gesetzes an die örtlichen Bundestagsabgeordneten verschickt werden. Sie sind es, die das Gesetz jetzt noch verändern können. pewe

Mitmachen unter lieferkettenbrief.de

Mehr erfahren unter verdi.de/themen/internationales/initiative-lieferkettengesetz