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Die KBR-Vorsitzenden Matthias Müller und Katrin Meier (v. li.) mit den Antragsschriften fürs GerichtFoto:ver.di

Nordrhein-Westfalen – Mitte Juni haben sich die Konzernbetriebsratsvorsitzende des Kreises Lippe, Katrin Meier, und ihr Stellvertreter Matthias Müller auf den Weg zum Arbeitsgericht in Detmold gemacht. Begleitet von ver.di-Gewerkschaftssekretärin Walburga Erichsmeier und einem Rechtsanwalt reichten sie umfangreiche Antragsschriften ein. Denn obwohl das Bundesarbeitsgericht dem Konzernbetriebsrat (KBR) im vergangenen August bestätigt hatte, dass seine Einrichtung als Vertretung von 14 privatwirtschaftlich organisierten Betrieben des Kreises Lippe rechtens ist, macht der Landrat dem Gremium die Arbeit immer noch schwer.

Eine Menge Stoff

Fast ein Jahr hatten die KBR-Mitglieder gehofft, mit dem Landrat zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zu kommen. Sie berichten von vielen Schreiben, Gesprächen und Beschlüssen, die aber nicht gefruchtet haben. Mal wurden Gespräche mit Verweis auf die Corona-Pandemie abgesagt, dann, weil der Landrat keinen Gesprächsbedarf sah. "Wir fühlen uns hingehalten", sagt Katrin Meier. Büros und Arbeitsmittel fehlten immer noch, Räumlichkeiten für Sitzungen würden dem KBR verweigert und die Notwendigkeit seiner Sitzungen in Fragen gestellt. Auch die Freistellung von Katrin Meier und eine Fortbildung für das gesamte Gremium sind noch nicht geklärt.

Außerdem will der Landrat die Funktion des Ansprechpartners für den KBR an den Leiter des Klinikums übertragen – aus ver.di-Sicht nicht akzeptabel und auch nicht rechtskonform. Eine Menge Stoff also, der jetzt vor Gericht geklärt werden muss. Diesen Schritt hätte der KBR gerne vermieden, denn bereits das erste Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht habe eine Menge Steuergeld gekostet. Doch der KBR habe keine andere Möglichkeit mehr gesehen, sagt Katrin Meier.

Eine Menge Ausgegliederte

Trotz der eingeschränkten äußeren Bedingungen hat der KBR mit seiner Arbeit begonnen. Im Kreis Lippe ist die Bandbreite der ausgegliederten Unternehmen groß. Dazu zählen unter anderem der Gemeinschaftsbetrieb der Verkehrsbetriebe, aber auch die Klinikum Lippe GmbH, die Ahr Dienstleistungsgesellschaft (ALD), die Klinik Service Lippe GmbH (KSL) und die Kreissenioreneinrichtungen Lippe GmbH (KSE).

In einigen ausgegliederten Unternehmen des Kreises, wie etwa dem medizinischen Versorgungszentrum, der Betreibergesellschaft Lipperlandhalle oder der Netzwerk Lippe GmbH, zu deren Aufgaben die Integration Arbeitsloser gehört, gibt es noch keinen Betriebsrat. Dorthin wurden bereits erste Kontakte geknüpft, so dass vielleicht auch hier im kommenden Frühjahr Wahlen abgehalten werden können. Ein weiterer Schwerpunkt der KBR-Arbeit werde die Aus- einandersetzung mit den politisch Verantwortlichen über die strategischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der einzelnen ausgegliederten Betriebe sein, sagt Katrin Meier. Darüber hinaus wollen sich die KBR-Mitglieder über zentrale Mitbestimmungspunkte austauschen, damit sie nicht gegeneinander ausgespielt werden können. Langfristig wollen sie sich auch mit den Personalräten des Kreises Lippe vernetzen. Weiteres Thema ist die unterschiedliche Bezahlung der Beschäftigten der einzelnen ausgegründeten Gesellschaften.

Mitbestimmungslücken schließen

Im August 2020 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt, dass bei einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, wie etwa einer Stadt oder eines Landkreis, für Ausgründungen ein KBR gegründet werden kann. Voraussetzung ist, dass diese Gebietskörperschaft mehrheitlich die Anteile jeweils an verschiedenen privatrechtlich organisierten Unternehmen besitzt. Das lasse, so dass BAG, das Vorliegen eines Konzerns vermuten. Das Gericht stellte fest, dass auch eine Körperschaft öffentlichen Rechts unter dieser Voraussetzung herrschendes Konzernunternehmen ist.

Der ver.di-Bereich Mitbestimmung hatte die Entscheidung begrüßt. "Den Betriebsräten in kommunalen Unternehmen ist nunmehr rechtssicher die Möglichkeit eröffnet, durch KBR-Gründung Mitbestimmungslücken zu schließen", heißt es in einer Mitteilung des Bereichs. Trotz aller Schwierigkeiten vor Ort hofft Katrin Meier auf eine Signalwirkung der von dem Gremium erstrittenen Entscheidung auch für andere ausgegliederte kommunale Unternehmen. "Viele wissen nicht, dass sie durch einen solchen Zusammenschluss Lücken in der Mitbestimmung schließen können", sagt sie. Mehr als sechs Jahre hatte der Rechtsstreit, in dem ver.di den KBR unterstützt hat, gedauert.

Aktenzeichen 7 ABR 24/18

ver.di-Bereich Mitbestimmung,

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