Die Beschäftigten in den kommunalen Rettungsdiensten arbeiten länger als andere. Bis zu 48 Stunden pro Woche; so viel, wie das Arbeitszeitgesetz pro Woche maximal zulässt. Bezahlt werden sie nach dem TVöD – und bekommen so viel wie Beschäftigte in den anderen Bereichen für 39 Wochenstunden. Gerechnet auf ein Arbeitsleben geht ver.di von rund zehn Jahren aus, die die Beschäftigten im kommunalen Rettungsdienst mehr arbeiten als ihre TVöD-Kolleg*innen.

Bei anderen Anbietern von Rettungsdiensten liegt die wöchentliche Arbeitszeit zwischen 40 und 47 Stunden, bei großen Anbietern bei 44 und 45 Stunden. ver.di macht sich dafür stark, die Arbeitszeit im kommunalen Rettungsdienst in einem ersten Schritt auf 44 Stunden zu senken. Das macht pro Jahr 200 Stunden an zusätzlicher Freizeit bei gleichem Gehalt. Zudem haben Rettungsdienste mit geringerer Arbeitszeit einen klaren Vorteil bei der Suche nach den begehrten Fachkräften im Rettungsdienst. "Wenn sich die Bedingungen verbessern, können genug Fachkräfte für diese lebensrettende Arbeit gewonnen und gehalten werden. Es ist unverständlich, dass die kommunalen Arbeitgeber das nicht auch so einsehen", sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Doch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat bei den Tarifverhandlungen für die kommunalen Beschäftigten im Herbst 2020 die Forderung nach einer Senkung der Arbeitszeit im kommunalen Rettungsdienst abgelehnt. Anfang 2023 verhandelt ver.di wieder für Beschäftigte bei Bund und Kommunen. Bis dahin will die Gewerkschaft mehr Druck aufbauen, die Beschäftigten einbeziehen, noch mehr Mitglieder in diesem Bereich gewinnen, um die verlängerte Arbeitszeit zu reformieren.

Woher kommen die 48 Stunden?

Die Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche geht auf die Einberechnung einer Bereitschaftszeit mit wenigen Einsätzen zurück. Doch die Zahl der Einsätze hat im Laufe der Jahre stark zugenommen. "Von Bereitschaftszeiten kann in den in der Regel zwölfstündigen Schichten nicht mehr die Rede sein", sagt Norbert Wunder, Vorsitzender der ver.di-Bundesfachkommission Rettungsdienst. Krankenhäuser wurden ausgedünnt und haben sich spezialisiert, sodass die Fahrtwege zu den zuständigen Kliniken immer länger werden und die Einsatzzeiten verlängern. Die Abrechnung nach Fallpauschalen führt zudem dazu, dass Kranke immer früher aus den Krankenhäusern entlassen werden. Und die hausärztliche Versorgung wurde stark ausgedünnt, sodass die Menschen nicht mehr wissen, an wen sie sich wenden können. Auch dann wird der Rettungsdienst gerufen.

Die Stimmung unter den Beschäftigten sei schlecht, sagt Norbert Wunder. "Wir haben mittlerweile flächendeckend einen Fachkräftemangel." Dabei sei der Beruf durchaus attraktiv, denn man könne helfen, übernehme Verantwortung und arbeite sehr selbstständig. Doch die Belastung sei mittlerweile zu groß.

Kampagne und Umfrage

ver.di will die Belastung jetzt mit der Kampagne "Maß halten" angehen. Hier mehr dazu: rettungdienst.verdi.de

Außerdem können Beschäftigte aus dem Rettungsdienst noch bis zum 31. März an der ver.di-Befragung "Gute Arbeit im Rettungsdienst" teilnehmen. Gefragt sind die Erfahrungen, die die Beschäftigten aller Träger in ihrem Arbeitsalltag machen. Schon zu Beginn der Aktion kamen zahlreiche Rückmeldungen von Beschäftigten aus dem Bereich. Wer noch nicht mitgemacht hat, sollte die Gelegenheit noch bis Ende März nutzen.

Mit ihren Erfahrungen nehmen die Beschäftigten Einfluss auf die Formulierung tariflicher Forderungen, stützen Argumente gegenüber der Politik, den Träger*innen der Rettungsdienste, den Krankenkassen sowie den Tarifpartner*innen – und tragen letztendlich dazu bei, die Arbeitsbedingungen in den Betrieben zu verbessern. Direkter Link zur Umfrage: verdi.uzbonn.de/112

"Wir als ver.di müssen jetzt deutlich machen, dass wir uns zusammen mit den Kolleg*innen um die Probleme kümmern. Aber auch, dass wir nur etwas durchsetzen können, wenn wir entsprechend Mitglieder in dem Bereich haben, die sich an Demos und Streiks beteiligen. Wenn wir viele Kolleg*innen hinter uns haben, dann bewegt sich was", betont Norbert Wunder.

Heike Langenberg