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Interessenvertreter*innen wollen gemeinsame Lösung finden, der ver.di-Chef ist dabei (4. v. r.)Foto: ver.di

Frank Werneke, der ver.di-Vorsitzende, zu Besuch bei Kolleg*innen der Hamburger Energieversorger und der Hochbahn: Die besuchten Betriebe stehen dabei gleichzeitig für zwei Themen, die zurzeit auch in der gesellschaftlichen Debatte im Mittelpunkt stehen: Es geht um die Energiewende, die in der Folge des Angriffskrieges gegen die Ukraine beschleunigt werden soll und die Energiekrise, unter deren Auswirkungen wir alle leiden. Und es geht um die Mobilitätswende, die – auch durch die hohe Nachfrage nach dem 9-Euro-Ticket – noch mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt ist.

Der Tag begann für den Vorsitzenden bei den Energieversorgern. ver.di ist Mitglied in der Allianz für Transformation der Bundesregierung, ein guter Kontakt und ausführlicher fachlicher Austausch mit den Akteur*innen in den Betrieben ist Frank Werneke deshalb besonders wichtig. Beim Gespräch sind nicht nur Betriebsrät*innen der öffentlichen Energieversorger in Hamburg, Gasnetz Hamburg, Wärme Hamburg und Stromnetz Hamburg, dabei, sondern auch Interessenvertreter*innen von Hamburg Wasser und der Stadtreinigung.

Auch diese Unternehmen produzieren Energie. So erzeugt Hamburg Wasser beispielweise in den Faultürmen des Klärwerks Biomethan und Strom aus Klärschlamm, die Stadtreinigung produziert bei der anaeroben Verrottung des Biomülls ebenfalls Biogas. In der Müllverwertungsanlage Borsigstraße MVB wird Wärme ausgekoppelt und über das Kraftwerk Tiefstack in das Fernwärmenetz eingespeist.

Umstellen auf grünen Wasserstoff

Diese Form der klimafreundlichen Energieerzeugung gewinnt an Bedeutung. In Hamburg wird mehr als die Hälfte der verbrauchten Energie aus Erdgas gewonnen, 22 Terawattstunden im Jahr. Diese energetische Leistung gilt es zu reduzieren und hin zu CO₂-neutralen Energieformen zu wandeln, wie grünem Wasserstoff. Von grünem Wasserstoff wird gesprochen, wenn seine Herstellung CO₂-frei erfolgt, weil im Produktionsverfahren Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet wird.

Für die Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger hat Gasnetz Hamburg mit dem Projekt HH-WIN (Hamburger Wasserstoff-Industrie-Netz) einen wesentlichen Grundstein gelegt. Dabei handelt es sich um ein Wasserstoffnetz südlich der Elbe, das in Zukunft zahlreiche Industrieunternehmen mit grünem Wasserstoff versorgen kann. Auch bei der Wärmeversorgung der Hamburger Haushalte ist grüner Wasserstoff eine CO₂-freie Perspektive.

Allerdings sind für die Gestaltung eines so tiefgreifenden Umbaus in einer hochverdichteten Stadt wie Hamburg immense Veränderungen an der Infrastruktur notwendig, was Konflikte mit sich bringen wird. Denn wenn es so schnell wie möglich gehen soll, muss es einen Vorrang für infrastrukturelle Baumaßnahmen der Leitungsnetzbetreiber geben.

Thies Hansen, Betriebsratsvorsitzender bei Gasnetz Hamburg: "Alle Beschäftigten eint der Wille, die Versorgung sicher zu stellen, auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen. Von der Hamburger Politik erwarten sie, dass man sie ihre Arbeit machen lässt: die praktische Realisierung der energetischen Wende in Hamburg, und nicht auf der Suche nach der letzten Synergie, die unnötige Unruhe in den Unternehmen stiftet."

Umbau wird teuer und belastend

Den Interessenvertreter*innen ist zudem auch wichtig, dass die Politik bei der energetischen Wende die ganze Stadt mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern im Blick hat. Denn der Umbau der Energieversorgung kostet Geld, hinzu kommen die erheblichen Belastungen für die Menschen durch die aktuell explodierenden Energiepreise und die Inflation. Insbesondere für die Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen ist die finanzielle Belastungsgrenze erreicht.

Das gilt auch für die Beschäftigten der Hochbahn, der zweiten Station des Tages für Frank Werneke. Im Gespräch mit Betriebsräten, Vertrauensleuten und Mitgliedern der Tarifkommission ging es um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und die Gestaltung der Mobilitätswende.

Bei der Bewertung der Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket zeichnen die Kolleg*innen ein gemischtes Bild. Einig ist man sich darin, dass das 9-Euro-Ticket die Fahrgäste in den Öffentlichen Personennahverkehr, ÖPNV, zurückgebracht hat. Auch war es eine hervorragende Chance für mehr Teilhabe gerade für Menschen mit wenig Einkommen. Das bestätigen auch persönliche Erlebnisse der Kolleginnen und Kollegen im Fahrdienst. So berichtet ein Kollege von drei älteren Damen aus einem Brennpunktviertel, die sich das erste Mal überhaupt ein Monatsticket leisten konnten.

Hoch problematisch hingegen sei, nicht nur für die Fahrgäste, sondern auch für die Beschäftigten, die Überfüllung im Nahverkehr gewesen. Aus Sicht von ver.di muss die Schlussfolgerung aus diesen Erfahrungen deshalb sein: Eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket setzt zwingend Investitionen in die Infrastruktur und vor allem in die Ausbildung von Fachkräften voraus enthalten. Denn die fehlen auch in Hamburg auf allen Strecken.

Frank Wernekes Fazit am Ende des Tages: "ver.di in Hamburg ist wirklich stark unterwegs. Unsere Aktiven, die Betriebs- und Personalräte, bringen enorm viel Sachverstand für wichtige Zukunftsthemen der Energieversorgung und der Mobilitätswende mit. Unsere Kolleginnen mischen sich ein und werden in der Stadt gebraucht."